# taz.de -- „Wenn Punk ein Baum ist, bin ich der, der daneben stehtund den Ba… | |
> Als Ferris MC und mit der Band „Deichkind“ hat Sascha Reimann die | |
> deutsche Rap-Szene geprägt. Jetzt macht er lieber Rock, weil das | |
> altersgemäß ist. Auch beim Open Air in Stemwede | |
Interview Kevin Goonewardena | |
taz: Herr Reimann, wenn ich höre, dass Sie Rockmusik machen, muss ich an | |
„Chaos“ denken, den Song, den Sie 1999 zusammen mit der Crossover-Band Such | |
A Surge, den Spezializtz und DJ Stylewars aufgenommen haben … | |
Sascha Reimann: Schon Mitte der 90er gab es eine Crossover-Szene in Bremen. | |
Da habe ich mit F.A.B. zusammen mit einer Band, die hieß Saprize, etwas in | |
der Richtung gemacht. Gerade Hardcore und UK-Britcore-Sachen waren damals | |
groß bei uns. Für mich ist das nichts Besonderes, dieses Genre-Denken kam | |
bei mir nie vor. Ich mache einfach Musik, die ich fühle und auf die ich | |
Bock habe. | |
Elemente aus der Rockmusik zogen sich auch durch Ihr Schaffen als Rapper. | |
Sie haben mal gesagt, dass Sie sich als Punk sehen und Hip-Hop mehr von der | |
Punk-Attitüde hätte vertragen können. Wie war das gemeint? | |
Ich bin der Meinung, dass Punk ein Teil meines „Freak“-Daseins ist. Ich bin | |
völlig frei. Ich sehe mich als Paradiesvogel mit Narrenfreiheit. Auch bei | |
Deichkind habe ich immer eine gewisse Punk-Attitüde mit hereingebracht. | |
Dabei sehe ich mich aber nicht als Polit-Punk oder dergleichen. Sondern | |
auch hier losgelöst von allen Unterarten. Wenn Punk ein Baum ist und die | |
Äste die Subgenres, bin ich der, der daneben steht und den Baum anpisst. | |
Was haben Sie als Kind und als Heranwachsender gehört? | |
Die erste Platte, die ich gekauft habe, die erste 7-Inch, das war Lee | |
Majors „Unknown Stuntman“ aus „Ein Colt für alle Fälle“. So fing’s … | |
kamen dann schon die ersten Def-Jam-Tapes und elektronische Musik, da | |
waren für mich diese Musikstile schon alle vereint. Vielleicht bin ich auch | |
deswegen ein musikalischer Freigeist. | |
Und in Richtung Rock? | |
Es gab auch die Teenie-Phase, wo ich nur Punk gehört habe. Da kam damals | |
ziemlich heftig die rechte Welle hoch und ich war der einzige Punk unter | |
den ganzen Onkelz und Störkraft-Hörern in meinen zerrissenen Ärzte- und | |
Hosen-Shirts, habe Toxoplasma, Slime, aber gleichzeitig auch Run DMC und | |
Beastie Boys gehört. | |
Mit „Phoenix aus der Klapse“ treten Sie in Stemwede auf. Bei dem Projekt | |
kollaborieren Sie mit Swiss, von „Swiss & die Andern“. Haben Sie mit ihm | |
Ihren aktuellen Partner in Crime gefunden? | |
Es gibt schon ein paar Unterschiede, Swiss und ich arbeiten zusammen, | |
befinden uns aber nicht in diesem Bandkontext zueinander … | |
Ich meinte eher von der Attitüde. Mir scheint hier dieses Freak-Sein wieder | |
aufzuleben … | |
Das kann man so sagen. Mit dem Unterschied, dass diese Freakness damals, | |
mit F.A.B., Neuland war. Heute haben wir mehr Erfahrung. Wir schauen eher, | |
was man aus verbrannter Erde machen kann. | |
Was fasziniert Sie an dem Rock-Kosmos? | |
Ich fühle mich da einfach besser aufgehoben, auch altersgerechter. | |
Klassischer Rap in Deutschland hat etwas Jugendliches. Die ältere | |
Generation hört nur die alten Sachen. Meine früheren Fans hingegen sind aus | |
meiner Musik rausgewachsen. Die Sachen waren dafür auch zu wenig zeitlos | |
und oft zu krass. Ich musste mir also ein neues Publikum erspielen, dabei | |
aber ich selbst bleiben und dem veränderten Lebensstil gerecht werden. | |
18 Aug 2022 | |
## AUTOREN | |
Kevin Goonewardena | |
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