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# taz.de -- berliner orte für die kunst, teil 1: Die Kunsthalle als offene Wun…
Zu früh gefreut, wer denkt, die Diskussion um eine Kunsthalle Berlin hätte
sich auf einen Schlag in Wohlgefallen aufgelöst. Zwar gibt es unter der
Domain [1][„kunsthalleberlin.de“] neues Leben. Doch falsch liegt, wer
denkt, der Senat hätte sich nun endlich zur Einrichtung einer landeseigenen
Kunsthalle von Rang durchgerungen und so ein echtes Defizit für den
Kunststandort behoben.
Die URL-Übernahme ist ein kecker Marketing-Stunt der Macher des
diesjährigen Project Space Festivals (PSF). Das orchestrieren Heiko
Pfreundt und Lisa Schorn vom Kreuzberg Pavillon als einmonatiges,
vielfältig-diverses, dezentrales Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm.
Es verteilt sich noch bis 31. August auf einunddreißig teils neue, teils
altgediente große und kleine Projekt-, Kunst- und Künstlerräume: vom Mental
Health Arts Space in Charlottenburg über das Haus der Tödlichen Doris in
Schöneberg bis zum mp43 in Hellersdorf. Zwar leitet die Kunsthallen-URL
sofort auf die offizielle Homepage des Festivals weiter – aber nicht ohne
Salz in die offene Wunde „Kunsthalle Berlin“ zu streuen.
Wer nach dieser im Netz sucht, stößt immer noch viel zu schnell auf den
Bonner Verein, der sich „Stiftung für Kunst und Kultur“ nennt und
Operationsplattform des Kulturmanagers Walter Smerling ist, bekannt für
gleichermaßen sinnfreie wie hoch gesponserte Kunstprojekte („Diversity
United“, „60 Jahre – 60 Werke“ oder „China 8“). Dafür gewinnt er r…
Schützenhilfe aus Wirtschaft und Politik – aber auch nicht wenige Künstler,
die heute schon froh sind, wenn ihnen jemand nur eine Arbeit produziert.
Den anhaltenden Protesten aus der Berliner Künstlerschaft, mit
Unterstützung des Berufsverbands bildender Künstler (BBK), der
Medienkünstlerin Hito Steyerl – einst selbst an einem Smerling-Projekt
beteiligt – bis hin zur FAZ, war zu danken, dass Smerlings Coup einer
Etablierung einer privaten, aber mit Finanzspritze des Senats betriebenen
Kunsthalle Berlin in den Hangars 2 und 3 des ehemaligen Flughafens
gescheitert ist. Wenn die Macher des PSF nun „die Kritik gegenüber
Strukturen“ erneuern, die es dem Bonner Möchtegernkurator ermöglicht haben,
„öffentliche Ressourcen von erheblichem Ausmaß in Berlin in Anspruch zu
nehmen“, dann mit gutem Grund. War der Deal zwischen Smerling und der für
die Nutzung des Flughafenkomplexes verantwortlichen, landeseigenen
Tempelhof Projekt GmbH vom alten Regierenden Bürgermeister Michael Müller
eingefädelt worden, hatte seine Nachfolgerin Franziska Giffey (auch sie
SPD) noch Mitte Juni offenbar ernsthaft erwogen, den Bonner Netzwerker bis
August 2023 weitermachen zu lassen. Dies, obwohl ein aus verschiedenen
Initiativen der freien Kunst-, Kultur- und Vermittlungsarbeit
zusammengesetztes Transformationsbündnis THF unter dem Motto „Halle für
Alle!“ längst konkrete Pläne für eine partizipativ-offene und nachhaltige
Nutzung der Riesenhangars vorgelegt hatte.
So vielfältig sich die THF-Initiative gibt, repräsentativ für die tief
gestaffelte Berliner Kunstszene, ist sie ebenso wenig wie letztere der
Nabel der Welt. Für künstlerische Projekte mit internationaler Reichweite,
die kulturelles Aushängeschild, aber auch Input und kritisches Korrektiv
für die hiesige Szene sein könnten, fehlt es am passenden Ort, an
institutioneller Kompetenz, ja schlicht am Wollen. An lokalen Initiativen
hingegen fehlt es nicht, siehe PSF. Kein Wunder, wenn Privatsammler und
Kulturlobbyisten mit großem Geld und guten Kontakten weiter in diese
selbstgebaute Berliner Bresche springen – und noch in die öffentlichen
Kassen greifen. Muss gar nicht Tempelhof sein.
Hans-Jürgen Hafner
11 Aug 2022
## LINKS
[1] https://2022.projectspacefestival-berlin.com/de?kunsthalle=true
## AUTOREN
Hans-Jürgen Hafner
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