Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- USA kippt Abtreibungsrecht
> Der Oberste Gerichtshof der USA revidiert nach Jahrzehnten die
> Grundsatzentscheidung „Roe v. Wade“
Von Eva Oer und Dinah Riese
Der Oberste Gerichtshof der USA hat mit einer wegweisenden Entscheidung das
liberale Abtreibungsrecht des Landes gekippt. Der mehrheitlich konservativ
besetzte Supreme Court in Washington machte am Freitag damit den Weg für
strengere Abtreibungsgesetze frei – bis hin zu kompletten Verboten in
einzelnen US-Staaten. Damit ist das aktuelle Recht auf Abtreibung in den
Vereinigten Staaten nach fast einem halben Jahrhundert Geschichte. „Die
Verfassung gewährt kein Recht auf Abtreibung“, heißt es in der
Urteilsbegründung.
Die Entscheidung verbietet Schwangerschaftsabbrüche nicht, sondern gibt die
Entscheidung in die Hände der US-Bundesstaaten. Allerdings hat fast die
Hälfte davon seit Langem Gesetze vorbereitet, um den Zugang zu
Schwangerschaftsabbrüchen einzuschränken oder gar faktisch unmöglich zu
machen. Das Urteil des Supreme Court ist gravierend, aber nicht
überraschend. Schon Anfang Mai wurde ein Entwurf des Urteilstextes geleakt,
der genau das jetzt geschehene befürchten ließ. „Roe war von Anfang an
ungeheuerlich falsch“, schrieb der Richter Samuel Alito in dem
durchgestochenen Text. Alito erklärte darin, ein Schwangerschaftsabbruch
stelle „eine tiefgreifende moralische Frage dar“, und führt aus: „Die
Verfassung verbietet es den Bürgern der jeweiligen Bundesstaaten nicht,
die Abtreibung zu regeln oder zu verbieten.
Das Grundsatzurteil „Roe v. Wade“ von 1973 sowie ein weiteres Urteil von
1992 sichern Schwangeren das verfassungsmäßige Recht auf einen
Schwangerschaftsabbruch – und zwar bis zu dem Zeitpunkt, ab dem der Fötus
außerhalb des Körpers lebensfähig wäre. Das ist in etwa ab der 24. Woche
der Fall. Nach dem Urteil von 1992 dürfen die einzelnen Bundesstaaten
Abtreibungen nicht unangemessen erschweren.
## Jahrelange Angriffe aufs Abtreibungsrecht
Mississippi ist der Staat, der den jetzigen Status quo mit einem Vorstoß
angefochten hatte. In der Vergangenheit hatten Bundesstaaten so etwas immer
wieder versucht. Doch dieses Mal hatten sich die Umstände geändert: Der
Supreme Court ist mehrheitlich mit konservativen Richter*innen besetzt.
Der frühere republikanische US-Präsident Donald Trump hatte allein drei von
ihnen nominieren können. Die Ernannten haben über Jahrzehnte großen
Einfluss auf die US-amerikanische Gesellschaft.
Nachdem im Mai der Urteilsentwurf geleakt wurde, gab es einen Aufschrei von
Frauenrechtsorganisationen, Kliniken und Liberalen. Zehntausende Menschen
demonstrierten in der US-Hauptstadt Washington, der Metropole New York und
anderen Städten gegen die drohende Verschärfung des Abtreibungsrechts. In
Washington kamen einige Tausend Menschen auf der Flaniermeile National Mall
zusammen und liefen anschließend zum Obersten Gerichtshof des Landes.
US-Medienberichten zufolge demonstrierten Menschen in Hunderten Städten des
Landes.
Expert*innen sahen in den Argumenten des Entwurfs den Einfluss der
Arbeit von Abtreibungsgegner*innen: Der Entwurf spiegele die Argumente
wider, die sich die Anwält*innen der selbsternannten
„Lebensrechtler*innen“ seit Jahrzehnten zurechtfeilten, schrieb die
Historikerin Mary Ziegler in einem Tweet.
Die Gerichtsentscheidung dürfte eine massive Beschränkung des
Abtreibungsrechts mit schwerwiegenden Konsequenzen für die Frauen im Land
zur Folge habe. (mit dpa)
25 Jun 2022
## AUTOREN
Eva Oer
Dinah Riese
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.