Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- „Währung des globalen Austauschs“
> Zwölf Ausstellungen in selbstbewussten Häusern: Das soll die fünfte
> Ausgabe der Triennale der Photographie in Hamburg nach dem Willen ihrer
> künstlerischen Leiterin Koyo Kouoh sein
Interview Falk Schreiber
taz: Frau Kouoh, reden wir über „Currency“, zu deutsch „Währung“. Was
bedeutet der Titel der Photo-Triennale?
Koyo Kouoh: Menschen tauschen sich untereinander in bestimmten Währungen
aus, die je nach Kontext und Verhandlungsgebiet ihre Form, ihren Wert und
ihre Bedeutung ändern können. Liebe zum Beispiel kann eine Währung sein,
Gier kann eine Währung sein. Alles kann zu einer Verhandlungswährung
werden, das ist die Grundidee. In unserem Gespräch gerade eben sind Worte
die Währung. Darüber diskutieren wir, Sie als Journalist und ich als
Kuratorin, wir verhandeln gerade Meinungen und Ideen. Es gibt also die
Vorstellung eines ständigen Verhandelns, und dieses Verhandeln ist Teil
einer Währung. Auf die Triennale bezogen ist Fotografie Währung des
globalen Austauschs.
Sie arbeiten sonst am Zeitz Museum of Contemporary Art Africa in Kapstadt,
spezialisiert auf zeitgenössische Kunst insgesamt. Was interessiert Sie an
Fotografie ganz persönlich?
Fotografien sind Transportmittel, die uns unterstützen, die Welt zu
verstehen. Sie helfen uns, durch die Welt zu navigieren. Sie helfen uns,
die Welt und Geschichten zu dokumentieren. Und die Fotografie ist
allgegenwärtig im menschlichen Austausch: Wir tauschen zum Beispiel keine
Skulpturen aus, aber wir schicken einander ständig Fotos. Mir persönlich
bedeutet Fotografie sehr viel. Wenn man in den frühen 1970ern in
Zentralafrika aufgewachsen ist, gab es in der Familie immer wieder Momente
der Fotografie: Geburtstag, Weihnachten, Ostern, Hochzeit, Taufe. Man ging
besonders herausgeputzt ins Fotostudio, um ein Foto machen zu lassen. Für
mich hatte es etwas Magisches, sich fotografieren zu lassen.
Ich möchte ein wenig auf die früheren Ausgaben der Triennale eingehen …
Ich habe die früheren Ausgaben nicht gesehen und so ohne deren Einfluss
meine eigene Sicht auf die zeitgenössische Fotografie entwickelt.
Aber was war Ihr erster Eindruck, als Sie um die künstlerische Leitung
gebeten wurden?
Das hat mich natürlich gefreut, weil ich, wie gesagt, vor allem zu
zeitgenössischer Kunst arbeite. Zu Beginn meiner kuratorischen Tätigkeit
war die Fotografie sehr präsent und ist dann langsam aus meinem Fokus
gedriftet. Und das Angebot der Triennale kam zu einem idealen Zeitpunkt, um
die Fotografie wieder in den Fokus meiner Arbeit zu rücken. Der zweite
Grund heißt Hamburg. Hamburg ist eine sehr Fotografie-affine Stadt, es ist
eine Medienstadt, und es ist einer dieser großen Knotenpunkte, an denen die
Währung der Fotografie gehandelt wird. Außerdem gibt es die Institutionen,
die an der Triennale teilnehmen, das sind zehn große Häuser in und um
Hamburg, die alle fruchtbar zusammenarbeiten, und darüber hinaus gibt es
viele Off-Spaces, die sich ebenfalls mit Fotografie beschäftigen.
Sie loben die Zusammenarbeit für die Triennale. Aber die einzelnen
Ausstellungen haben alle ihre eigenen Kurator:innen. Ist der Job einer
künstlerischen Leiterin da kompliziert?
Nein. Die Anregung zu den kuratorischen Konzepten kam von mir und wurde in
vielen Gesprächen und einigen Workshops weiterentwickelt. Man darf nicht
vergessen, dass mehr als 80 Prozent der Triennale während der Pandemie
organisiert wurde – wir verbrachten viel Zeit auf Zoom, diskutierten sowohl
einzeln als auch gemeinsam, und dabei entstand ein kollaborativer Geist,
der von einem Gedanken ausging, der lautete: „Currency“ für die
institutionelle DNA des jeweiligen Hauses übersetzen! Die DNA des Bucerius
Kunst Forums ist nicht dieselbe wie die der Kunsthalle oder des Museums der
Arbeit. All die Ausstellungen der Triennale werden durch Gespräche
generiert. Man will nicht unbedingt eine Art Suprakuratorin sein, die sagt,
was die Häuser zeigen sollen. Man will, dass diese Häuser ihre eigene
institutionelle Identität behalten. Und das passiert bei der Triennale.
Eine der Ausstellungen, in den Deichtorhallen, trägt den Titel „Currency.
Photographie jenseits der Aufnahme“. Aber „Currency“ ist der Titel der
gesamten Triennale. Für mich sieht das so aus, als wäre diese Ausstellung
das Zentrum.
Ich tue mich schwer damit. Aber gleichzeitig ist die Triennale ein Projekt
des Hauses der Photographie, das als Institution von den Deichtorhallen
betrieben wird. Ich sehe die Ausstellung dort nicht gerne als Zentrum, weil
die Triennale der Photographie für mich eine Konstellation von zwölf
wunderschönen Ausstellungen ist, die alle miteinander verbunden sind. Aber
in der Praxis sind die Deichtorhallen die Lokomotive der Triennale der
Photographie.
Voriges Jahr gab es schon ein Symposium. Wie wichtig war das für Ihr
Konzept?
Das Symposium war alles. Andere denken durch Materialien oder durch Bilder,
ich denke durch Ideen. Und das Symposium war eine Möglichkeit, um unsere
Ideen, zur Materialität, Übersetzung, Dokumentation und Politik der
Fotografie, die Politik des Sehens und die Politik des Teilens zu
diskutieren.
„Die Triennale der Photographie“ wurde 1999 von F.C. Gundlach initiiert,
dem Gründer des Hauses der Photographie. Den Dreijahresrhythmus hat Corona
2020 torpediert: Die achte Ausgabe des Festivals läuft daher jetzt vom
20.5. bis zum 18. 9. Das Programm findet sich auf www.phototriennale.de.
20 May 2022
## AUTOREN
Falk Schreiber
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.