| # taz.de -- Happy End im Schlosspark | |
| > Die Bronzeskulptur „Ruhende Frau“ von Fritz Huf kehrt in den Park von | |
| > Schloss Hohenschönhausen zurück. Ihre bewegte Geschichte zeugt von | |
| > erzwungenem Verkauf in der NS-Zeit | |
| Bild: Provisorisch aufgebockt, aber anmutig: die „Ruhende Frau“ von Fritz H… | |
| Von Ronald Berg | |
| Die Dame wiegt 178 Kilo und wird im nächsten Jahr 100 Jahre alt. Trotzdem | |
| ist die Skulptur von Fritz Huf – zumindest äußerlich – immer noch gut | |
| erhalten. In den Jahren von 1951 bis 1990 diente sie am Schloss Schönhausen | |
| erst dem DDR-Präsidenten Wilhelm Pieck zur Ablenkung von seinen | |
| Dienstpflichten, danach durften sich, von der Öffentlichkeit hinter Mauern | |
| abgeschottet, diverse Staatsgäste an der anmutigen Frauengestalt erfreuen. | |
| Nun kehrt die Dame nach drei Jahrzehnten Abwesenheit nach Niederschönhausen | |
| zurück. | |
| Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Es handelt sich um die | |
| Bronzeplastik „Ruhende Frau“ des Schweizers Fritz Huf (1888–1970). Der | |
| heute kaum noch bekannte Künstler schuf hier eine nahezu lebensgroße, sich | |
| räkelnde Nackte in leicht idealisierten Körperformen, deren Kopf die Züge | |
| seiner Ehefrau wiedergibt. | |
| Am letzten Dienstag wurde das Kunstwerk offiziell der Stiftung Preußische | |
| Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) übergeben. Die „Frau“ kam… | |
| Lieferwagen zu ihrem ehemaligen Aufenthaltsort aus DDR-Zeiten zurück. Sie | |
| wurde von Pressevertretern vor dem Schloss ausgiebig fotografiert, soll | |
| aber zunächst nicht aufgestellt, sondern erst noch einmal restauriert | |
| werden. Ihre innere Eisenkonstruktion ist korrodiert. Ansonsten ist die | |
| Plastik ziemlich gut erhalten – obwohl sie eine bewegte Geschichte hat, von | |
| der vieles bis vor Kurzem unbekannt war und manches immer noch im Dunkeln | |
| liegt. | |
| Denn Hufs Plastik ist NS-Raubgut. Der ursprüngliche Besitzer war Hufs | |
| Schwager, der jüdische Bankier Hans Fürstenberg. Der Kopf ist also dessen | |
| Schwester Natascha nachempfunden. Hans Fürstenberg war Bankier in zweiter | |
| Generation bei der Berliner Handelsgesellschaft und hatte Hufs Plastik im | |
| Garten seiner Villa an der heutigen Köbisstraße aufgestellt. Um der | |
| Verfolgung durch die Nationalsozialisten aufgrund seines jüdischen | |
| Hintergrunds zu entgehen, floh Fürstenberg 1936 nach Frankreich und lebte | |
| mit seiner Frau Eugénie auf Schloss Beaumesnil in der Normandie. 1938 | |
| musste er seine Berliner Villa ans Deutsche Reich verkaufen – vermutlich | |
| samt der Plastik von Huf. Genaueres über das Schicksal der „Ruhenden Frau“ | |
| in den Jahren von 1932 bis 1948 konnten auch die Provenienzforscher am | |
| Zentralarchiv der Stiftung Preußischer Kulturbesitz nicht herausbekommen. | |
| Fürstenbergs Villa wurde im Krieg zerstört. | |
| Da sie lang zum Bestand der Nationalgalerie zählte, hatte sich die | |
| Preußenstiftung ab 2018 mit der Provenienz der Huf-Plastik befasst. 1948 | |
| wurde die damals unbekannte Figur zunächst in einem Schrottlager der | |
| tschechoslowakischen Militärmission im Berliner Osthafen gefunden und der | |
| Obhut der Nationalgalerie (Ost) übergeben. Als Leihgabe fand sie dann 1951 | |
| für den Amtssitz des einzigen DDR-Präsidenten im Garten von Schloss | |
| Schönhausen Verwendung. Dort verblieb sie bis zur Auflösung der DDR. Danach | |
| wanderte sie ins Depot der wiedervereinigten Staatlichen Museen. | |
| Erst die vor wenigen Jahren Schwung aufnehmende Provenienzforschung auch | |
| bei den Staatlichen Museen in Berlin führte zu einem erneuten Interesse an | |
| der gediegenen, aber kunsthistorisch wenig bedeutsamen Figur, die nie eine | |
| breite Öffentlichkeit zu Gesicht bekam. Die Stiftung Preußischer | |
| Kulturbesitz hatte im Rahmen der Erarbeitung eines Bestandskatalogs der | |
| Nationalgalerie begonnen, sämtliche aus der Zeit zwischen 1933 und 1945 | |
| erworbenen Werke auf etwaiges NS-Raubgut zu untersuchen. Die Ergebnisse | |
| führten im Falle der „Ruhenden Frau“ 2021 zur Restitution an die Erben des | |
| 1982 kinderlos gestorbenen Ehepaars Fürstenberg. Als Erbin trat die | |
| Fondation Fürstenberg Beaumesnil auf den Plan, die in ihren barocken | |
| Schlossanlagen für Hufs Figur allerdings keine Verwendung hatte. | |
| Dank der Unterstützung des Fördervereins des Schlosses Schönhausen konnte | |
| Hufs Plastik für eine vergleichsweise kleine fünfstellige Summe zugunsten | |
| der SPSG erworben werden, die hier seit 2005 Schlossherrin ist. Das Konzept | |
| der Stiftung für die Außenanlagen von Schloss Schönhausen sieht die | |
| denkmalgerechte (Wieder‑)Herstellung der Planungen von Gartenarchitekt | |
| Reinhold Lingner aus den 50er Jahren vor. Hufs „Ruhende Frau“, obwohl aus | |
| den 20er Jahren, passte schon damals sehr gut in Lingners Gestaltung, das | |
| eine moderate Moderne mit traditionellen Anklängen vorsah. | |
| Hufs Figur – dann frisch restauriert, gewachst und diebstahlgesichert – | |
| wird wohl frühestens im nächsten Jahr wieder auf ihrem derzeit noch | |
| verwaisten Sockel neben dem Schloss zurückkehren. Wer kurzfristig einen | |
| Blick auf die „Ruhende Frau“ erhaschen will, hat dazu am Tag der | |
| Provenienzforschung am 13. April noch einmal Gelegenheit. Um 17 Uhr findet | |
| ein Vortrag zu Hufs Plastik und ihrer Geschichte statt, die in all ihren | |
| Verzweigungen Stoff für einen Krimi abgeben könnte. Derzeit scheint es | |
| dabei auf ein spätes Happy End in idyllischer Umgebung an den Ufern der | |
| Panke hinauszulaufen. | |
| Am 13.4. um 17 Uhr Vortrag „Zurück in Schloss Schönhausen: Die ‚Ruhende | |
| Frau’ von Fritz Huf“ zum Tag der Provenienzforschung. Treffpunkt: Eingang | |
| Schlossgarten, Tschaikowskistraße, 13156 Berlin | |
| 7 Apr 2022 | |
| ## AUTOREN | |
| Ronald Berg | |
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