# taz.de -- „Ein Film in einer jazzartigen Form“ | |
> Der Hamburger Regisseur Kai Wessel hat die Jazz-Stars Eugen und Roger | |
> Cicero porträtiert | |
Interview Wilfried Hippen | |
taz: Herr Wessel, wie kam es dazu, dass Sie mit dem Doppelporträt der | |
Jazzer Eugen und Roger Cicero Ihren ersten Dokumentarfilm gemacht haben? | |
Kai Wessel: Roger Cicero hatte bei einem meiner Spielfilme in einer | |
Nebenrolle mitgespielt, und daher kannte ich ihn. Das Projekt wurde | |
ursprünglich von einem rumänischen Dokumentarfilmer geplant, weil Eugen | |
Cicero ja aus Rumänien stammte. Aber als es dann immer größer wurde, ist er | |
ausgestiegen und die Produzentin Katharina Rinderle hat mich gefragt, ob | |
ich es übernehmen wollte. | |
Ist der Wechsel von der Fiktion zur Dokumentation nicht sehr ungewöhnlich? | |
Ich finde es reizvoll, etwas Neues auszuprobieren. Aber ich hatte auch | |
einen Mordsrespekt davor, das Genre zu wechseln. | |
Irgendwie ist Dokumentarfilmemachen wie Jazzmusik spielen. Reich wird man | |
damit nicht. | |
Nein, das ist auch eine brotlose Kunst. Das Budget ist sehr spärlich und | |
man braucht viele verschiedene Finanziers. Bei uns ging es auch nur, weil | |
wir in den Lücken zwischen den Dreharbeiten von anderen Filmen an „Cicero“ | |
gearbeitet haben. So konnten wir uns den Luxus einer langen Produktionszeit | |
leisten. | |
Wie lange? | |
Vier Jahre, in denen wir weit über 50 Interviews mit nahen Freunden und | |
Wegbegleitern der beiden gemacht haben, von denen einige mehr als | |
dreieinhalb Stunden gedauert haben. | |
Mit fast zwei Stunden ist „Cicero“ ziemlich lang geworden. Warum haben Sie | |
sich auch da die Zeit genommen? | |
Es wird ja immerhin von zwei Künstlern und ihren Karrieren erzählt.Und wir | |
wollten auch deutlich machen, wie Musik entsteht und welchen Einfluss das | |
Marketing dabei hat. | |
Spannend sind die Parallelen zwischen den Karrieren. Beide sind ja | |
kommerziell geworden … | |
Ich glaube nicht, dass sie sich verkauft haben. Aber Eugen ist in den | |
1960er-Jahren sehr wohlhabend geworden. Und für Roger war es mit seinem | |
deutschen Bigbandjazz wichtig, dass er damit mehr Leuten seine Musik | |
schenken konnte als den 120 Besucher*innen, die in einen Jazzclub passen. | |
Und warum haben Sie sich entschieden, nicht chronologisch zu erzählen, | |
sondern zwischen ihren Protagonisten und auch den Zeiten zu wechseln? | |
Für diese Struktur, nicht linear zu erzählen, sondern Lebensphasen in den | |
Fokus zu nehmen, habe ich mich sehr früh entschieden. Wenn man einen Film | |
über zwei Jazzmusiker macht, sollte man dies auch in einer jazzartigen Form | |
machen, also nicht von A nach B vom Blatt spielen. Im Jazz nimmt man | |
stattdessen ein Thema wie „All of Me“, das schon tausendmal interpretiert | |
wurde, und versucht damit zu spielen, So ähnlich war auch mein Ansatz. | |
25 Mar 2022 | |
## AUTOREN | |
Wilfried Hippen | |
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