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# taz.de -- Neuer Raketentest in Nordkorea: Militärische Provokation
> Pjöngjang testet eine atomwaffenfähige Interkontinentalrakete. Um reine
> Abschreckung gegenüber dem Westen scheint es nicht mehr zu gehen.
Bild: Menschen in Seoul sehen einen Fernsehbericht über den Test der Interkont…
Peking taz | Der Zeitpunkt hätte für das Kim-Regime günstiger nicht sein
können: Als das nordkoreanische Militär am Donnerstagmorgen seine
Interkontinentalrakete ins Weltall schoss, fanden sich die westlichen
Staatschefs gerade in Brüssel ein, um über den Ukrainekrieg zu beraten.
Nach ersten Analysen handelt es sich um eine militärische Provokation
sondergleichen: Von einem Vorort Pjöngjangs erreichte der atomwaffenfähige
Flugkörper eine Höhe von über 6.000 Kilometern, wie das japanische
Verteidigungsministerium schätzte.
Zum Vergleich: Die internationale Raumstation ISS umkreist die Erde derzeit
auf rund 400 Kilometern Höhe. Auch die südkoreanische Regierung ist sich
sicher, dass die getestete Interkontinentalrakete deutlich potenter ist als
noch das Modell „Hwasong-15“, welches Nordkorea zuletzt 2017 zündete.
Seit einigen Monaten bereits treibt [1][Diktator Kim Jong Un] sein
Waffenprogramm zügig voran. Allein im Januar testete er elf Raketen, so
viele wie noch nie in so kurzer Zeit. Doch dies war nur das Vorspiel für
die Langstreckenrakete am Donnerstag, die als größte militärische
Provokation des Landes seit fünf Jahren gilt.
## Tiefes Misstrauen
Damit beweist Pjöngjang endgültig, dass es sich von nichts und niemandem
davon abhalten lassen wird, sein Nuklearprogramm so weit zu entwickeln, bis
es seinen Erzfeind in Washington direkt mit einer Atombombe ins Visier
nehmen kann.
Angesichts der Fallstudien Irak und Libyen ist durchaus verständlich, dass
die Kim-Dynastie tiefes Misstrauen gegenüber einem Sicherheitsabkommen mit
den USA hegt. Und auch der Blick auf die Ukraine wird die Parteikader in
ihrer Paranoia bestärken. Schließlich hatte Kiew einst seine Atombomben im
Gegenzug für „Sicherheitsgarantien“ hergegeben, die sich spätestens seit
Ende Februar als null und nichtig herausgestellt haben. Doch der
renommierte Experte Go Myong-hyun vom Asan-Institut in Seoul argumentiert:
„Nordkorea sieht sich in den Schuhen Russlands, nicht der Ukraine“.
Das Ziel der reinen Abschreckung habe das Militär laut Go seit Jahren
bereits erreicht. Dennoch baut Kim seine nuklearen Kapazitäten rasant aus,
laut Schätzungen könnte Nordkorea bis 2027 bereits über mehr als 200
Atombomben verfügen.
Der Grund dafür könnte die Befürchtungen vieler Beobachter übersteigen:
„Ein Szenario, das Nordkorea im Sinn hat, spielt sich derzeit gerade in der
Ukraine ab“, analysiert Experte Go: „Russland hat die Nato erfolgreich
davon abgehalten, in der Ukraine einzugreifen.“ Wieso sollte es Nordkorea
nicht ebenfalls gelingen, die USA daran zu hindern, seinen Alliierten
Südkorea im Kriegsfall zu unterstützen?
## Scharfe Reaktionen
Die Reaktionen aus Washington und Tokio auf die Interkontinentalrakete vom
Donnerstag fielen wie gewohnt scharf aus. Doch auch Südkoreas Präsident
Moon Jae-in, der als Verfechter einer Annäherungspolitik gilt, bezeichnete
[2][den Waffentest] unmissverständlich als „schwerwiegende Bedrohung“.
In den nächsten Jahren ist eine Verbesserung der innerkoreanischen
Beziehungen praktisch ausgeschlossen: Ab Mai wird in Südkorea mit Yoon
Suk-yeol ein konservativer Hardliner das Amt übernehmen und vor allem auf
militärische Stärke sowie Loyalität zu Washington setzen.
Zumindest von China und Russland hat Nordkorea derzeit keine allzu scharfe
Kritik zu befürchten. Zwar stimmten beide noch 2017 den von US-Präsident
Donald Trump vorgeschlagenen Sanktionsmaßnahmen zu. Seither jedoch ist die
Welt, nicht zuletzt aufgrund des Ukrainekriegs, deutlich polarisierter
geworden: Es fällt schwer sich vorzustellen, dass Xi Jinping und Wladimir
Putin derzeit einen Vorstoß aus Washington gegen Nordkorea unterstützen
würden. Zumal China erst kürzlich seinen Handel mit Nordkorea wieder
deutlich hochgefahren hat.
24 Mar 2022
## LINKS
[1] /Nordkoreanische-Raketentests/!5830406
[2] /Pjoengjang-arbeitet-an-Satelliten/!5839513
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
Nordkorea
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