# taz.de -- das wird: „Wie ein Übungsatlas für die Augen“ | |
> Andrzej Steinbach über seine Fotografie und das Entdecken von Welten in | |
> Bildern | |
Interview Falk Schreiber | |
taz: Herr Steinbach, der Titel Ihrer Ausstellung im Hamburger Kunstverein | |
lautet „Modelle und Verfahren“. Klingt technisch … | |
Andrzej Steinbach: Ich habe eine Affinität zu solchen Titeln, die auf | |
einfache Art meine Arbeitsweise und mein Interesse in Worte fassen. Zum | |
einen interessieren mich prototypische Bilder. Mit Hilfe von Figuren und | |
Konstellationen entwickele ich verschiedene Modelle, die eindeutige | |
Kategorien und Zuschreibungen auflösen sollen. Die „Verfahren“ stehen für | |
die Arbeitsschritte, die ich in meinen Bildern anwende. Subtraktion, | |
Addition und Konstruktion wie auch der häufige Einsatz von Wiederholungen | |
sind Methoden die Betrachter*innen zum „Sehen-üben“ zu animieren. | |
Sie arbeiten auch mit Installationen, mit skulpturalen Elementen, doch im | |
Zentrum steht Fotografie. Aber um Fotokunst im engeren Sinne geht es Ihnen | |
gar nicht. | |
Als ich als Teenager mit dem Fotografieren angefangen habe, dachte ich, | |
Fotografie sei, die Welt in Bilder zu packen. Aber etwas anderes ist viel | |
spannender: in Bildern Welten zu entdecken. Und das geht über das | |
Fotografieren hinaus, wie zum Beispiel das Zeigen von Objekten oder Räumen, | |
die selber Bilder werden können. Die Fotografie ist dabei ein mir | |
vertrautes Werkzeug, welches sich hervorragend eignet, Bilder herzustellen, | |
die wie ein Übungsatlas fürs Auge funktionieren können. | |
Die Serie „Der Apparat“ zeigt eine Fotografin, mit minimalen Veränderungen | |
in den einzelnen Bildern. | |
In der Arbeit sehen wir Bilder, die schrittweise den Akt des Fotografierens | |
zeigen. Vom Erkennen des Motivs, den Blick durch die Kamera und das | |
Auslösen sind es manchmal nur wenige Augenblicke. „Der Apparat“ bezieht | |
sich dabei nicht nur auf die Maschine selbst, sondern auch auf den Körper | |
der Fotografin, den Bewegungsapparat, und auf den gesellschaftlichen | |
Apparat, in dem alles stattfindet. | |
Lassen Sie Zufall zu? Es gibt eine Arbeit mit benutztem Backpapier, das ist | |
hoch ästhetisch, aber auf die Art, wie da Pizzareste auf dem Papier | |
verteilt sind, haben Sie keinen Einfluss. | |
Ich plane meine Arbeiten sehr akribisch, und der Zufall ist insoweit Teil | |
der Planung, dass er nur da vorkommt, wo es sich nicht vermeiden lässt. In | |
dem Moment, wo ich eine Arbeit fertiggestellt habe, gibt es eigentlich | |
keinen Zufall mehr, da ich mich ja für das Bild genau so entschieden habe. | |
Die Spuren auf dem Backpapier sind zufällig entstanden, aber das Foto von | |
diesem Papier ist bis zum Rand des Bildes konstruiert. In dem Fall | |
funktioniert das Backpapier ähnlich wie die Fotografie. Fragmente der Welt | |
in Form von Licht treffen auf eine Oberfläche und lassen ein Bild | |
entstehen. Der Gegenstand „benutztes Backpapier einer Tiefkühlpizza“ | |
verweist auf ein soziales Umfeld und die Einschreibungen auf die | |
Fotografie. | |
Modelle und Verfahren. | |
Im Endeffekt ist es genau das. | |
3 Mar 2022 | |
## AUTOREN | |
Falk Schreiber | |
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