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# taz.de -- „Die zweite und dritte Reihe im Blick haben“
> Musikwissenschaftler Jacob Sello über Musik von Profis und Amateuren
Interview Darijana Hahn
taz: Herr Sello, was verstehen Sie als Musikexperte unter Amateurmusik?
Jacob Sello: Profi und Amateur – das ist eine Unterscheidung, die sehr
schwierig ist. Ich würde mal sagen, ein Profi ist der, der von seiner Musik
leben kann. Was aber keine Aussage über die Qualität bedeuten muss.
Die Hochschule für Musik und Theater arbeitet ja auch in Projekten mit
Amateuren zusammen, zum Beispiel bei der 2019 stattgefundenen
Elbtunnelsymphonie. Warum?
Wir wollten eine Musik ohne Zugangsbeschränkung. Und außerdem kann man bei
experimentellen Sachen oft entspannter mit Leuten arbeiten, die das nicht
für Geld tun und entsprechend nicht auf die Uhr gucken müssen.
Das ist ein gutes Stichwort: Ist Amateurmusik also reines Hobby, das keiner
Förderung bedarf?
Im Gegenteil. Musik hat eine wichtige gesellschaftliche Funktion. Musik
schafft so unglaublich viel Ausgleich, dass ich mir eine große
Unterstützung in dem Sektor wünsche. Umso mehr jetzt in dieser schwierigen
Zeit.
Unterstützung in welcher Hinsicht?
Die Kulturbehörde sollte einen Blick darauf haben, dass die zweite und
dritte Reihe in der Stadt lebendig bleibt. Bei geschlossenen Bühnen und
Clubs besteht die Gefahr, dass die Aktiven ihre Prioritäten anders setzen
und damit wichtige Subkultur verloren geht.
Was erwarten Sie von der Diskussionsveranstaltung Amateurmusik –
Privatsache oder gesellschaftliche Aufgabe?
Durch sie wird ein Bewusstsein dafür geschaffen, welch große Aufgabe diese
amateurhaften, also nicht primär durch finanzielle Interessen motivierten
Bereiche erfüllen. Auch wenn die coronabedingten Einschränkungen in diesem
Bereich nicht zu signifikanten Steuerausfällen geführt haben, so sind
gesellschaftliche Ausfälle die Folgen, wenn es sie nicht gibt.
Ja, das führt zurück an den Anfang, als Sie sagten, dass Musik so viel
Ausgleich schaffe.
Genau. Musik vor Publikum zu machen und live zu erleben ist Freude,
Entspannung und Inspiration und damit immer auch wichtig für die gesamte
Gesellschaft – unabhängig vom Amateur- oder Profistatus. Und sowieso: wie
könnte es Profis ohne die Amateure geben? Ohne dass sie dort ihre
Erfahrungen sammelten, sei es in der Schüler-Big-Band, im
Nachbarschaftschor oder als DJ in der Kiez-Kneipe?
1 Feb 2022
## AUTOREN
Darijana Hahn
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