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# taz.de -- das wird: „Von dem Raub wissen hier schon die Kinder“
> Weggenommene Gegenstände online zugänglich machen: Osaisonor Godfrey
> Ekhator-Obogie und Anne Luther über das Projekt „Digital Benin“
Interview Sabine Weier
taz: Frau Luther, Herr Ekhator-Obogie, im November gab Frankreich erstmals
seit Ende der Kolonialzeit jahrhundertealte Kunstobjekte aus Benin zurück –
Thronsitze, Palasttore, Statuen. Was bedeutet das für die Nachfahren des
Königreichs Benin?
Osaisonor Godfrey Ekhator-Obogie: Die Geschichte des Raubs kennen hier
schon die Kinder. Auf diesen Moment haben praktisch alle gewartet, viele
haben nicht mehr daran geglaubt, dass er noch in ihrer Lebenszeit kommen
würde. Für uns sind die restituierten Objekte Vorfahren in Gefangenschaft,
die nach Hause kommen, wie Prinz Gregory es formulierte. Zur
Rückgabezeremonie kamen Menschen aus der gesamten Region, es war bewegend.
Man kann sich vorstellen, wie wir dem Tag entgegenfiebern, an dem die
gesamte Sammlung wieder hier ist.
Wird die Website [1][„Digital Benin“] erstmals einen vollständigen
Überblick über die geraubten Objekte geben?
Anne Luther: Es existieren bereits Publikationen, die einige der Objekte
oder Gruppen aus verschiedenen Museumssammlungen enthalten. Aber wir
katalogisieren nun erstmals alle Objekte und Informationen zu ihnen, etwa
zu ihrer Provenienz- und Ausstellungsgeschichte, um sie digital zugänglich
zu machen. So ermöglichen wir es zum Beispiel auch, über die Suche in den
Datensätzen aus verschiedenen Museen Verbindungen zwischen den Objekten
herzustellen. Die narrativen Reliefs etwa, die sich aufeinander beziehen,
aber vereinzelt wurden, können dann zusammen aufgerufen werden.
Der Restitutionsprozess hat gerade erst begonnen, auch das Hamburger Museum
am Rothenbaum hat angekündigt, die Benin-Bronzen aus seiner Sammlung
zurückzugeben. Was wird „Digital Benin“zur Restitutionsdebatte beitragen?
Ekhator-Obogie: Die Entscheidung, welche Objekte zurückgegeben werden,
liegt nach wie vor bei den Institutionen, in deren Sammlungen sie sich
befinden. Über ihre Digitalisierung bringen wir die Objekte aus allen
Teilen der Welt zunächst online zusammen. Durch die Offenlegung der Daten
wird es künftig aber möglich sein, Restitutionsforderungen gezielter
anzugehen.
Wissenschaftler:innen in der Herkunftsregion hatten nie die
Möglichkeit, die Objekte zu erforschen und damit ihre eigene Geschichte.
Dafür ist der digitale Zugang zu den Objekten sicher kein Ersatz – aber
doch hilfreich?
Ekhator-Obogie: Das gehört zu den Gründen, warum wir auf die Rückkehr der
Objekte bestehen. Während sich europäische oder nordamerikanische
Wissenschafler:innen bisher vor allem auf ästhetischer Ebene für diese
Objekte interessiert haben, wollen wir lernen, was in diesen Dokumenten an
Geschichte eingeschrieben ist. Den meisten Historiker:innen hier ist
es aber nicht möglich, die Welt zu bereisen, um die Objekte zu besuchen.
Das wäre aber wichtig, um mehr über ihren kulturellen Wert zu erfahren. Und
diese Kultur ist lebendig, das wurde viel zu lange ignoriert.
Luther: Deswegen ist die Arbeit von Godfrey und anderen
Wissenschaftler:innen für das Projekt auch so wichtig. Sie machen die
Kontexte der Objekte zugänglich, die sich etwa in Liedern oder oralen
Traditionen fortschreiben, und lassen die Gebräuche und Bräuche um sie
aufleben. Auf „Digital Benin“ werden zum Beispiel auch Begriffe aus der
Edo-Sprache abrufbar sein. Erst in diesem Zusammenspiel entsteht ein volles
Bild.
6 Jan 2022
## LINKS
[1] https://digital-benin.org/
## AUTOREN
Sabine Weier
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