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# taz.de -- Großbritanniens Brexit-Minister: David Frost tritt zurück
> Der Staatsminister für den Brexit legt mit sofortiger Wirkung sein Amt
> nieder – nicht ohne Kritik an Premierminister Boris Johnson.
Bild: Der Staatsminister David Frost tritt ab, da „der Brexit jetzt gesichert…
Berlin taz | Dieser Rücktritt hat es in sich: David Frost, Staatsminister
für den Brexit in der Regierung des britischen Premierministers Boris
Johnson, legt sein Amt nieder. [1][Mitten in Boris Johnsons schwerster
Krise] verlässt ihn sein wichtigster Brexiteer. Der eigentlich für Januar
angekündigte Rücktritt wurde auf sofort vorgezogen, [2][nachdem der Mail on
Sunday am Samstagabend exklusiv darüber berichtete] – mit maximalem Schaden
für Johnson kurz nach einer desaströsen Nachwahl zum Parlament. „Frost
spricht für die Partei. Das ist der Anfang vom Ende“, [3][zitiert der
konservative Sunday Telegraph einen ungenannten Abgeordneten.]
Frost geht nicht wegen des Brexits, sondern wegen der Frage, was danach
kommt. „Der Brexit ist jetzt gesichert. Nun steht die Regierung vor der
Herausforderung, die daraus entstehenden Chancen zu nutzen“, schreibt Frost
in seinem Rücktrittsbrief an den Premier: „Du kennst meine Besorgnis über
die gegenwärtige Ausrichtung. Ich hoffe, wir werden uns so schnell wie
möglich dorthin bewegen, wo wir hinmüssen: eine wenig regulierte,
unternehmerorientierte Niedrigsteuerwirtschaft, an der Spitze moderner
Wissenschaft und ökonomischen Wandels.“ Frost macht sich mit dieser
Abschiedskritik zum Sprachrohr der Tory-Rechten, denen Boris Johnson an der
Macht nicht rechts genug ist.
Als Hardliner in Sachen Brexit hat Frost in den vergangenen Jahren ein ums
andere Mal Johnson auf Kurs halten müssen. Dabei ist der einstige
Karrierediplomat eigentlich vom Werdegang her kein Ideologe. Direkt von der
Universität Oxford aus, wo er Geschichte und Französisch studiert hatte,
stieß er 1987 im Alter von 21 Jahren zum diplomatischen Dienst und stieg
auf, bis zum persönlichen Sekretär des obersten Diplomaten Sir David Kerr,
der den berühmten EU-Austrittsartikel 50 in den EU-Verträgen entwarf. Er
war auch in Brüssel stationiert und war zeitweise Vizechef der EU-Abteilung
im britischen Außenministerium.
## Zwischendurch unterwegs in Sachen Whisky
2013 schmiss Frost hin, quittierte den Dienst und tauchte als
Geschäftsführer des schottischen Whiskyverbands wieder auf. Boris Johnson
holte ihn nach seiner Berufung zum Außenminister 2016 als Berater zurück,
und als Johnson 2019 Premier wurde, machte er Frost zum Chefunterhändler
für den Brexit.
Mit seiner intimen Kenntnis der EU-Befindlichkeiten und seinem schroffen
Auftreten handelte er wichtige Konzessionen aus – erst beim
Austrittsabkommen 2019, dann beim Handelsabkommen Ende 2020. Zuletzt
mühte er sich damit ab, das Nordirland-Protokoll des Brexit-Vertrags
neuzuverhandeln.
Kenner beschreiben David Frost – Lord Frost seit seiner Ernennung ins
britische Oberhaus 2020 – als perfektes Gegenteil von Boris Johnson: dröge,
charismafrei, ohne Drang nach Öffentlichkeit. Sie ergänzten sich. Er machte
für den Premier die Drecksarbeit in Brüssel – nur um zu erleben, wie die
Ziele, die er mit dieser Drecksarbeit verband, vom Premier ignoriert
wurden.
Nun ist Frost der bislang prominenteste Johnson-Fan, der aus seiner
Enttäuschung die Konsequenz zieht.
19 Dec 2021
## LINKS
[1] /Nachwahl-in-Grossbritannien/!5822789
[2] https://www.dailymail.co.uk/news/article-10324429/Brexit-minister-Lord-Fros…
[3] https://www.telegraph.co.uk/politics/2021/12/18/lord-frost-quits-cabinet-bo…
## AUTOREN
Dominic Johnson
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Schwerpunkt Brexit
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