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# taz.de -- Freispruch für Schützen in Kenosha: Argumente für Nachahmer
> Kyle Rittenhouse erschoss zwei Menschen und wurde jetzt freigesprochen.
> Der Prozess wäre eine Chance gewesen, ein Zeichen gegen Selbstjustiz zu
> setzen.
Bild: Bürgerrechtler Jesse Jackson protestiert in Chicago gegen den Freispruch
Der [1][Freispruch von Kyle Rittenhouse] erklärt einen Mann, der zwei
Menschen mit einem halbautomatischen Sturmgewehr erschossen und einen
weiteren schwer verletzt hat, für unschuldig. Er gibt tödlichen Schüssen
die Weihen von „Selbstverteidigung“. Und er mutet an wie die Aufforderung,
wenn überhaupt, dann nur bewaffnet zu Demonstrationen zu gehen.
Auch auf der menschlichen Ebene richtet der Freispruch schweren Schaden an.
In dem Gerichtssaal in Kenosha in Wisconsin hatten weder die Angehörigen
der Toten noch die überlebenden Opfer die Gelegenheit, einen Abschluss zu
finden. Keiner von ihnen wird je sagen können: „Es ist Recht gesprochen
worden.“
Hingegen wird der Todesschütze jetzt von seinen Unterstützern in Medien,
Republikanischer Partei und rechtsradikalen Organisationen auf einen Sockel
gehoben und als „patriotischer Held“ gefeiert.
[2][Die Geschworenen trifft nur ein Teil der Verantwortung]. Sie hatten es
mit einem Richter zu tun, der schon vor Prozessbeginn Regeln aufgestellt
hat, die nur dem Angeklagten zugute kamen. Der Richter verbot selbst das
Wort „Opfer“ für die Toten, und er untersagte die Befassung mit
Rittenhouses Sympathien für rechtsradikale Schlägertruppen wie die Proud
Boys.
Den Geschworenen stand zudem eine landesweite Bewegung gegenüber, die
mehrere Millionen Dollar für die Kaution und die Verteidigung des
Angeklagten gesammelt hat. Vor allen Dingen aber waren ihr Spielraum durch
das geltende Recht in Wisconsin eingeengt. In dem Bundesstaat ist das
Tragen von halbautomatischen Waffen erlaubt. Und dort darf, wer sich
bedroht fühlt, mit der Schusswaffe verteidigen.
## Agitation gegen Black Lives Matter
Die Stimmung in Kenosha im August 2020 war aufgewühlt. Nachdem ein weißer
Polizist sieben Schüsse in den Rücken eines schwarzen Mannes, Jacob Blake,
abgegeben hatte, waren in der Stadt Unruhen ausgebrochen. Vom
Nachbarbundesstaat Illinois aus wollte der 17-jährige Rittenhouse
eingreifen. Zuvor hatte er auf Facebook gegen Black Lives Matter agitiert,
nun wollte er Geschäfte vor Plünderungen beschützen.
Rittenhouse war nicht der einzige schwer bewaffnete weiße Zivilist, der
sich in jener Nacht als Hilfspolizist in Kenosha verstand. Aber er war der
einzige, der andere Menschen erschoss. Handy-Videos zeigen, wie ihn mehrere
Männer bedrängen und versuchen, ihm seine Waffe wegzunehmen. Sein Auftreten
war eine Provokation. Aber vor Gericht kam er mit der Begründung
Selbstverteidigung durch.
Der Prozess gegen Rittenhouse wäre eine Gelegenheit gewesen, die
Ausbreitung von Selbstjustiz zu stoppen. Stattdessen liefert der Freispruch
Argumente für potenzielle Nachahmer von Rittenhouse.
Für die USA ist das ein gefährlicher Präzedenzfall. In dem Land, das mehr
Schusswaffen in privaten Händen als Einwohner hat, müssen künftig jene, die
unbewaffnet und friedlich demonstrieren, auch das Risiko von bewaffneten
Selbstjustizlern abwägen. Das macht den Freispruch von Kenosha zu einer
Gefahr für die Sicherheit auf den Straßen und für das Demonstrationsrecht
in den USA.
21 Nov 2021
## LINKS
[1] /Prozess-um-die-toedlichen-Schuesse-von-Kenosha/!5816761
[2] https://www.nytimes.com/2021/11/19/us/kenosha-lawsuit-victim.html
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
Black Lives Matter
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
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