# taz.de -- Karneval oder lieber keiner: Auf St. Pauli nachmittags halb drei | |
> Liegt es am Wind oder am norddeutsch-kühlen Kopf, dass die | |
> Corona-Inzidenz in Hamburg eher niedrig ist? Oder schlicht an der | |
> Abwesenheit von Karneval? | |
Bild: Kühles Wetter, kühler Kopf? Verkleiden kommt in Hamburg jedenfalls nich… | |
Der lila Schal ist nix für dich, Georg-Ole, in Lila siehst du verkleidet | |
aus, das bist einfach nicht du!“, sagt die Frau auf dem Flohmarkt zu ihrem | |
Mann. | |
Die Tochter sagt: „Ich find, der Schal steht Papa, Lila macht ihn irgendwie | |
cool!“ | |
„Dein Papa muss nicht mehr cool sein, und bei aller Liebe, er ist auch kein | |
Feminist!“ | |
„Lass Papa doch Lila anziehen, wenn es ihm Spaß macht!“ | |
## Verkleiden? Haben Hamburger:innen nicht nötig! | |
„Aber wir sind hier doch nicht beim Karneval, Inken-Luise!“ | |
Eine Frau mischt sich ein: „Wenn man sich verkleidet, glaubt man, keiner | |
und niemand kann einem was, das war ja das allzu Abenteuerliche an der | |
[1][jüngsten Kölner Maskerade!]“ | |
Ein Mann vom Stand nebenan ruft:„So isses, keiner und kein Virus!“ | |
Eine Frau mit Elbsegler ruft: „Vielleicht liegt es am Wind, dass wir hier | |
oben besser dastehen, wir haben schon von der Natur her immer einen | |
klareren Döts!“ | |
Eine Frau mit fein frisiertem grauen Haar sagt: „Wir Hamburgerinnen haben | |
es nicht nötig, uns zu verkleiden, uns geht es auch so gut genug, und wir | |
wissen uns zu benehmen, das sieht man ja nu’ an den Inzidenzen!“ | |
„Das ist jetzt aber ’n bisschen viel Hamburger Arroganz“, sagt eine ander… | |
„Distanz und hanseatische Reserviertheit sind die Gesundheitselixiere der | |
Stunde, wir wissen eben von Haus aus, wie es geht!“ | |
Ein Mann zieht seine verrutschte Maske ordentlich zurück über die Nase, | |
ballt die Faust und ruft: | |
„Stimmt, jemand muss den Jecken da unten mal erklären, dass nun aber mal | |
fix Schluss mit lustig sein muss!“ | |
„Ein Jeck ist etymologisch gesehen schon auch ein Irrer!“ | |
„Meint ihr, die Kölner fühlen sich uns genauso überlegen wie wir uns | |
ihnen?!“ | |
„Nee, dazu sind die meist viel zu besoffen und ganzjährig zu übertrieben | |
gut drauf!“ | |
„Eben, die haben das nämlich gar nicht nötig, sich besserwisserisch zu | |
wichtig zu nehmen“, sagt ein junger Typ. | |
## Lokalpatriotismus in der Krise gefragt | |
„Na, ein bisschen mehr Lokalpatriotismus wär’ schön in diesen harten | |
Zeiten, mein Junge!“, sagt der Mann mit der Faust. | |
„So ein Mumpitz, als würd’ der was nützen!“ | |
„Was kann uns jetzt noch nützen?“ | |
„Der ausufernde Mummenschanz da unten sicher nicht!“ | |
„Das muntere Volk in Köln weiß wenigstens noch zu leben!“ | |
„Das isses ja, es geht grad um Leben und Tod!“ | |
„Daran kann man doch nicht unentwegt denken!“ | |
„Sollte man aber in diesen Zeiten!“ | |
„Kommen ja auch wieder bessere.“ | |
„Wer’s glaubt!“ | |
„Heiter weiter ist jetzt sicher nicht die Lösung.“ | |
„’ne fröhliche Psyche ist aber gut fürs Immunsystem!“ | |
„Bei so einer Eso-Einstellung freut sich uns Virus!“ | |
„Kontrollverlust ist nicht das beste Motto der Stunde!“ | |
„Es gibt nichts Gutes, außer man lässt es!“ | |
„Das Verkleiden sollte man derzeit unter allen Umständen lassen, denn davon | |
wird man wahnwitzig und ist gar nicht mehr man selbst!“ | |
„Verkleidet fühlt man sich wie unsichtbar.“ | |
„Unsichtbar wie das Virus!“ | |
20 Nov 2021 | |
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## AUTOREN | |
Jasmin Ramadan | |
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