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# taz.de -- das wird: „Die Museen müssen lernen“
> Kuratorin Mahret Ifeoma Kupka spricht in Hannover über die
> Dekolonisierung weißer Ausstellungsräume
Interview Sabine Weier
taz: Frau Kupka, Sie beschäftigen sich mit der Dekolonisierung von Museen.
Was verstehen Sie darunter?
Mahret Ifeoma Kupka: Jedes Vorhaben, das Museum zu dekolonisieren, birgt
einen Widerspruch in sich. Museen sind eine koloniale Erfindung. Die
radikalste Konsequenz wäre demnach der Abbau der Institution. Allerdings
würde uns dann kulturell einiges fehlen. Mich interessiert vielmehr die
Frage, was ein dekoloniales Museum sein könnte. Ich verstehe
Dekolonisierung als einen dauerhaften Prozess, innerhalb dessen sich das
Museum als Institution immer wieder neu hinterfragen und im Austausch mit
Gesellschaft neu verhandeln muss.
Was müssen Museen tun, um sich auf diesen Prozess einzulassen?
In Museen ging es historisch darum, eine bestimmte Vorstellung von Nation
und Kultur zu zeigen und zu festigen. Ich als Bürgerin konnte im Museum
etwas lernen und mich orientieren. Wir wissen heute, dass Museen aber auch
ganz vieles nicht zeigen. Sie müssen offener für weitere Perspektiven auf
die Welt werden und das geht zum Beispiel, indem sie bereit sind, selbst zu
lernen. Gesellschaft verändert sich ständig, Menschen kommen neu zusammen
und erkunden andere Wege des Zusammenlebens. Ebenso muss sich das Museum
verändern. Es gibt keinen Zehn-Punkte-Plan, der am Ende ein dekolonisiertes
Museum oder ein Museum ohne Rassismus verspricht. Es ist ein Prozess, der –
hoffentlich – Strukturen verändern wird, also wie miteinander oder mit
Sammlungsobjekten umgegangen wird, wer ausstellt, was ausgestellt wird und
wie Ausstellungen gemacht werden.
Haben Sie ein Beispiel aus Ihrer Arbeit?
2020 habe ich die Ausstellung „Life doesn’t frighten me – Michelle Elie
wears Comme des Garçons“ kuratiert. Elie stammt aus Haiti, lebt heute in
Köln und ist leidenschaftliche Sammlerin und Trägerin des sehr exaltierten,
kunstvollen, skulpturalen japanischen Labels Comme des Garçons. Jedes
Tragen der Stücke wird zur Performance und das kostet Elie voll aus. Als
Schwarze Frau, die in einer weißen Mehrheitsgesellschaft stets auffällt,
eignet sie sich den öffentlichen Raum an, definiert ihn für sich selbst,
indem sie ihre körperliche Erfahrung radikal überspitzt. Das haben wir in
der Ausstellung gezeigt und darüber auch Fragen um Repräsentation und Kanon
verhandelt.
Sie haben gerade die Initiative „Neue deutsche Museumsmacher:innen“
mitgegründet. Was haben Sie vor?
Wir sind eine Untergruppe der „Neuen deutschen Medienmacher:innen“, einem
bundesweiten Netzwerk von Journalist:innen und Medienschaffenden of
Color. Als Neue deutsche Museumsmacher:innen wollen wir uns
vernetzen, uns austauschen und den Nachwuchs fördern. Viele Jugendliche
sehen Museums- und Kulturarbeit gar nicht erst als Berufsfeld für sich. Sie
sehen eine weiße bildungsbürgerliche Institution, die mit ihrem Leben
nichts zu tun hat. Aber Museen haben eine kulturell prägende, den Kanon
bestimmende Funktion. Es ist wichtig, dass sich dort die ganze Gesellschaft
abbildet und alle Geschichten erzählt werden.
18 Oct 2021
## AUTOREN
Sabine Weier
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