| # taz.de -- „In jedem Satz steckt ein Joke!“ | |
| > Im Celler Schlosstheater stellt Ulrich Matthes seine Audio-Kurzfassung | |
| > von Arno Schmidts legendärem Monumentalbuch „Zettel‘s Traum“ vor | |
| Interview Frauke Hamann | |
| taz: Herr Matthes, als Vorleser – gibt es da zunächst eine grundlegende | |
| Einschätzung, eine Klärung, wie stehe ich zu dem Text? | |
| Ulrich Matthes: Entscheidend bei Arno Schmidt, aber nicht nur bei ihm, sind | |
| viele, viele Wochen der genauen Vorbereitung. Und bei „Zettel’s Traum“ war | |
| diese genaue Vorbereitung eine reine Freude! | |
| Wie sah die Vorbereitung fürs Einlesen von „Zettels Traum“ denn genau aus | |
| und was hat sich für Sie als das Besondere, als Energie des Buches | |
| herausgestellt? | |
| Ich muss irgendwann wissen, was ich mit diesem Text anfangen will. Ich | |
| versehe ihn mit einer Fülle von Zeichen, Hinweisen, Betonungen, wie bei | |
| einer Partitur. Und wenn diese Vorbereitung gut war, dann kann ich mich | |
| dieser Partitur überlassen. Die Aufnahme im Studio dauert dann nicht lange, | |
| vier oder fünf Tage. | |
| In „Zettel’s Traum“ wird dauernd geredet und doziert. „Also kwattschn: … | |
| mein armer Kopf“. Das überbordende Text- und Bedeutungsgewebe ist voller | |
| Sprachwechsel, vor allem vom Deutschen ins Englische, mitten im Satz, | |
| mitten im Wort wie beim „Plisseerock – Pleas’see = Rock weit genug für | |
| zwei“ … | |
| Wahrscheinlich wollte ich wegen solcher Texte schon mit vier Jahren lesen | |
| lernen! Arno Schmidt ist ein unglaublich witziger Autor, in jedem Satz | |
| steckt ein Joke! Man kann sich diesem Schmidt’schen Universum überlassen. | |
| Das Spielerische, die Gelehrsamkeit, die erotischen Assoziationen – es ist | |
| ein Vergnügen, diese Wörter und Vieldeutigkeiten vorzulesen. | |
| Sie muhen, sie schnäuzen sich, sie krächzen wie ein Vogel und singen. Die | |
| Hörer:innen wandern also mit Ihnen akustisch-federnd durch die | |
| Lüneburger Heide. Wie hat der Regisseur Rauschenbach die Aufnahme mit Ihnen | |
| erarbeitet? | |
| Bernd Rauschenbach als Kenner des Werks war in der Vorbereitung enorm | |
| wichtig, weil er meine Fragen beantwortet hat. Bei einem Hörbuch ist das | |
| Gute – man ist sein eigener Herr. Man liefert die Interpretation selbst. | |
| Sie entsteht aus dem Vertrautsein mit jeder Nuance des Textes. | |
| Im Booklet heißt es, das Hörbuch wolle zum Einstieg in „Zettel’s Traum“ | |
| verleiten, weil Arno Schmidts Sprache in Deutschland einzig sei. | |
| „Zettel’s Traum“ ist nicht ganz leichte Kost. Rauschenbachs handliche | |
| Fassung versammelt ein „Best of“. Meine Lesung daraus dauert gut sieben | |
| Stunden. Vielleicht gehen neugierige Leser:innen, die sich an das ganze | |
| Werk bislang nicht herangetraut haben, danach weiter hinein in dieses | |
| Text-Riesengebirge. | |
| 11 Oct 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Frauke Hamann | |
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