# taz.de -- Konflikt im deutschen Eishockey: Check von hinten? | |
> Der Deutsche Eishockey-Bund muss klären, ob die Finanzierung des | |
> Präsidenten Franz Reindl rechtens war. Dahinter stehen größere Konflikte. | |
Bild: Franz Reindl bei einer Pressekonferenz 2018 in Pyeongchang | |
Franz Reindl ist ein Sportfunktionär, den die Spieler mögen. Sie nennen ihn | |
„den Franz“, bei Länderspielen darf der Präsident des Deutschen | |
Eishockey-Bundes (DEB) stets in die Kabine spazieren. Er ist einer von | |
ihnen, war selbst Profi und Nationalspieler und tritt bodenständig auf. | |
Normalerweise bringt den Mann aus Garmisch-Partenkirchen nichts aus der | |
Ruhe, in diesen Tagen wirkt er jedoch angefressen. Als der 66-Jährige | |
unlängst darüber sprach, warum er vor knapp drei Wochen trotz seiner | |
Favoritenrolle nicht zum Präsidenten des Weltverbandes IIHF gewählt wurde, | |
sondern der Franzose Luc Tardif, bediente Reindl sich des Eishockey-Jargons | |
und sprach von einem „Check von hinten“. Also von einer unfairen Attacke. | |
Was ist geschehen? | |
Sportlich kann Reindl als DEB-Präsident eine glänzende Bilanz vorweisen. | |
Die Nationalmannschaft gewann 2018 in Pyeongchang olympisches Silber, kam | |
zuletzt in Riga bis ins WM-Halbfinale und steht auf Platz fünf der | |
Weltrangliste – vor den Eishockey-Nationen Tschechien und Schweden. Das gab | |
es noch nie. | |
Es wird Reindl jedoch vorgeworfen, sein Amt beim DEB, das er seit 2014 | |
bekleidet, nicht sauber zu führen, gar zu mauscheln. Während der WM in Riga | |
im Juni und kurz vor der Wahl der IIHF [1][berichtete Der Spiegel jeweils | |
über mutmaßliche Interessenkonflikte Reindls.] Einer der Hauptvorwürfe: | |
Reindl ist nicht nur ehrenamtlich als DEB-Präsident tätig, sondern zugleich | |
auch als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft DEB GmbH, die unter | |
anderem die Heim-WM 2017 organisierte. | |
Während des Turniers war die Schweizer Vermarktungsagentur Infront | |
Gesellschafterin der GmbH, danach stieg sie wieder aus. Bis zum vergangenen | |
Juli bekam Reindl von der GmbH monatlich ein vierstelliges Gehalt | |
ausbezahlt. Darf das so sein? | |
## Hemdsärmeliges Modell | |
Nach aktuellen Compliance-Regeln gibt es an diesem leicht hemdsärmeligen | |
Beschäftigungsmodell vermutlich Beanstandungen, allerdings hat das | |
DEB-Präsidium nie ein Problem damit gehabt. Als Reindl vor sieben Jahren | |
Präsident wurde, machte er es zur Bedingung, Geschäftsführer der GmbH | |
bleiben zu dürfen, der er bereits seit 1994 war. Denn er müsse ja von | |
irgendetwas leben, sagte er. Und der DEB, der finanziell nicht auf Rosen | |
gebettet war (und ist), wollte das Präsidentenamt nicht in eine bezahlte | |
Tätigkeit umwandeln. | |
Das tat der Verband auch 2018 vor Reindls Wiederwahl nicht, und so führte | |
Reindl seinen bezahlten GmbH-Job bis zum Eintritt ins Rentenalter im Sommer | |
2020 fort. Seit einem Jahr wird er dafür nicht mehr bezahlt. | |
Wie kommt es zu den plötzlichen Vorwürfen? Sie scheinen auf Intrigen im | |
Verband zurückzugehen. Der Münchner Merkur nennt als zentrale Figur den | |
ehemaligen DEB-Sportdirektor Stefan Schaidnagel, von dem sich der Verband | |
im April nach vier Jahren trennte. Reindl arbeitete erst gut mit dem | |
ehemaligen Eishockey-Spieler zusammen, doch am Ende soll es viele | |
Reibereien gegeben haben, da Schaidnagel in seinem Auftreten sehr forsch | |
war. Die Trennung vom Sportdirektor scheint nun dazu geführt zu haben, dass | |
ein paar Landesverbände, die Schaidnagel-Fans sind, nun gegen Reindl | |
agieren. | |
Hendrik Jan Ansink, ein Wirtschaftsprüfer aus Frankfurt und Chef des | |
Eishockey-Verbandes Hessen, bat die Ethikkommission des DOSB offenbar in | |
Eigenregie um eine Beurteilung der Tätigkeiten Reindls. Der Vorsitzende der | |
[2][Ethikkommission Thomas de Maizière] adressierte seine Antwort vom 1. | |
Oktober direkt an Ansink und teilte mit: „Laut der Satzung des DOSB sowie | |
der Verfahrensordnung der Ethik-Kommission liegt im vorliegenden Fall keine | |
Zuständigkeit der Ethik-Kommission vor.“ Man empfehle aber „eine Befassung | |
durch den Kontrollausschuss bzw. das Spielgericht des DEB“. Und weiter: „Es | |
muss geklärt werden, ob eine verdeckte Finanzierung der ehrenamtlichen | |
Funktion des Präsidenten vorliegt. Das wäre nicht in Ordnung. “ | |
Der DEB hat bereits die Kölner Kanzlei Verte damit beauftragt, die Vorwürfe | |
gegen Reindl „unabhängig aufzuklären.“ Zudem will der DEB gegen den | |
Vorsitzenden des Verbands von Schleswig-Holstein, Wolff-Dietrich Prager, | |
juristisch vorgehen. Denn der habe in der Nacht vor den IIHF-Wahlen | |
Delegierte „in unlauterer und nicht tolerierbarer Art und Weise“ | |
beeinflusst und „mit ungerechtfertigten diskreditierenden Worten Herrn | |
Reindl und das gesamte deutsche Eishockey beschädigt“. Eine weitere | |
Konsequenz der Affäre, die den Reindl-Gegnern nicht gefallen wird: Der | |
Garmischer schließt es nicht mehr aus, nächstes Jahr doch noch einmal für | |
das DEB-Präsidentenamt zu kandidieren. Ursprünglich hatte er Schluss machen | |
und die IIHF führen wollen. | |
14 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.spiegel.de/sport/praesidentenwahl-beim-eishockey-weltverband-ve… | |
[2] https://www.dosb.de/ueber-uns/ethik-kommission | |
## AUTOREN | |
Christiane Mitatselis | |
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