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# taz.de -- Gegen den Strom
> Die Stadt möchte das Billebecken für die Wirtschaft herrichten. Projekte
> für Menschen vor Ort wie der Ruderverein Bille spielen in der Planung nur
> eine untergeordnete Rolle
Bild: Ehrenformation präsentiert Ruder: Taufe der „Bruns-B. Bambi“ auf der…
Von Arne Matzanke
Es ist ein regnerischer Sonntagmittag als die „Bruns-B. Bambi“ am Ufer des
Rudervereins Bille zu Wasser gelassen wird. Die Taufe des Bootes durch eine
Kooperation von Nachbarschaftsinitiativen und Vereinsmitgliedern ist Kritik
und Hommage zugleich.
Einerseits ist sie ein Widerstandssymbol gegen die stadtplanerischen
Vorhaben der Billebogen Entwicklungsgesellschaft (BBEG) und ihres Chefs
Jürgen Bruns-Berentelg. Diese möchte das Areal an der Bille für die
Wirtschaft hübsch machen und auf dem Gelände der Rudervereins ein Hochhaus
bauen. Andererseits erinnert der Festakt an die erste Steuerfrau des
Rudervereins in den 60er-Jahren: Bambi.
Anfang August hatte die BBEG gemeinsam mit dem Architekturbüro Lorenzen
Mayer ihren Zukunftsentwurf für das Quartier südöstlich des Hauptbahnhofs
vorgestellt. Auf dem 27 Hektar großen Areal, von dem sich ungefähr die
Hälfte in der Hand der Stadt befindet, sollen bis zu 3.000 Arbeitsplätze
entstehen. Insbesondere Hochtechnologie-Unternehmen sollen angelockt
werden. Hierfür seien zwölf- bis vierzehn Meter hohe Gebäude mit 20.000
Quadratmetern Gesamtfläche geplant, die modular an die Bedürfnisse der
Unternehmen angepasst werden könnten.
Bruns-Berentelg sagte bei dieser Gelegenheit, dass das Billequartier
vornehmlich als „Abstellraum für Altfahrzeuge“ genutzt werde. Um einer
„De-Industrialisierung“ der Stadt entgegenzuwirken, müssten nun
umsatzstarke Unternehmen den Vorrang vor der bisherigen Nutzung haben.
„Die Bille sollte geöffnet werden, dem widersprechen wir nicht“, sagt
Andreas Görtz, der Vorsitzende des Rudervereins Bille. Allerdings sehe die
Stadt eine Umsiedelung des Vereinsgeländes und einer vorzeitige Auflösung
des bis 2037 gültigen Pachtvertrages vor.
Die von der BBEG vorgeschlagenen Alternativflächen seien nicht nutzbar,
weil der Uferzugang versperrt sei: „Ein Drachenboot von 350 Kilogramm lässt
sich nicht so einfach über eine Treppe zu Wasser lassen.“ Unterschiedliche
Nutzungsinteressen müssten sich in Zukunft nicht ausschließen, sondern
zusammengedacht werden.
Der Taufe wohnten auch Vertreter:innen der Bezirksversammlung Mitte
bei, allerdings nicht der regierenden SPD und der CDU. Dian Diaman von der
FDP sieht die Bezirksversammlung in einer Mittlerposition: „Wir müssen
einen Interessenausgleich schaffen“, findet er. Es sei schwierig, eine
konsequente Linie zu entwickeln, weil die Bezirksversammlung alle fünf
Jahre neu gewählt werde, die Entwicklung des Quartiers aber einen längeren
Zeitraum beanspruche.
Theresa Jakob von der Linken ist verärgert. „Wir werden grundsätzlich aus
dem Wettbewerbsverfahren ausgeschlossen“, kritisiert sie. Daran nähmen nur
SPD, CDU und FDP teil. Es sei sinnvoller, die Grünflächen zu erhalten und
auszubauen, anstatt auf dem Vereinsgelände ein Hochhaus zu bauen. „Alle
Wassersportvereine auf dem Gelände müssen erhalten bleiben“, fordert sie.
Das Quartier brauche Begegnungspunkte, keine Leuchtturmprojekte.
Die Grünen seien nicht per se kritisch gegenüber der BBEG, versichert Sonja
Lattwesen, sportpolitische Sprecherin der Bezirksfraktion. Die Perspektive
der Menschen vor Ort dürfe aber nicht aus dem Blick geraten.
Die Vereine auf dem Ufergelände seien ein sportpolitisches Vorbild in
Sachen Diversität, Inklusivität und Jugendbeteiligung und müssten am
aktuellen Standort ausgebaut werden, sagt Lattwesen. „Das spiegelt sich
jedoch nicht in den vorhandenen Gebäuden wider“, kritisiert sie. Deshalb
hätten die Grünen bereits im Jahr 2017 einen Antrag zur Förderung des
Vereins und zum Ausbau der Gebäude in der Bürgerschaft unterstützt.
Dem Ruderverein stehen seit Bewilligung des Antrags der Grünen 450.000 Euro
zur Instandsetzung der Vereinsgebäude zur Verfügung. Die Gelder können
allerdings nicht eingesetzt werden, da die Zukunft des Geländes nicht
geklärt ist, wie Andreas Görtz erklärt. Der Verein strebe an, an seinem
Standort zu bleiben.
„Wir wünschen uns einen ehrlich gemeinten Dialog mit der
Beteiligungsgesellschaft“, sagt Alice, die „Bruns-B. Bambi“ gerade getauft
hat. Das was jetzt passiere, sei unaufrichtig.
23 Aug 2021
## AUTOREN
Arne Matzanke
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