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> Antje Maria Warthorst erzählt die Biografie von Walter Trier: Er war | |
> Zeichner, Maler, Trickfilmer, Kabarettist und Spielzeugdesigner. Doch oft | |
> kennt man nur seine Kästner-Illustrationen | |
Bild: Walter Trier, „Hitler-Rede“, 1924 | |
Von Jörg Sundermeier | |
„Mit dem Cover für Erich Kästners ‚Emil und die Detektive‘ schuf Walter | |
Trier eine echte Ikone der modernen Buchmalerei.“ So beginnt Antje Maria | |
Warthorsts Biografie „Walter Trier. Eine Bilder-Buchkarriere“. Diese | |
„Ikone“ war für Trier Segen und Fluch zugleich. | |
Doch der Reihe nach. 1890 wird Walter als das jüngste von sieben Kindern in | |
die jüdische Prager Familie Trier hineingeboren. Die Familie ist für | |
damalige Verhältnisse recht unangepasst, weder spielen die Religion noch | |
die sogenannten guten Sitten eine große Rolle, in der vermögenden Familie | |
werden vielmehr die Gemeinschaftswerte hochgehalten. Und alle | |
Familienmitglieder betätigen sich künstlerisch; wie Max Brod, ein | |
Jugendfreund Triers berichtete, wurde regelmäßig eine Familienzeitung | |
hergestellt, mit komischen Texten und Karikaturen, für letztere war der | |
jüngste Sohn zuständig. So wurde das Talent des jungen Triers gefördert. | |
Da er genügend Beharrlichkeit besaß, gelang es ihm, an der Münchener | |
Kunstakademie in die Klasse von Franz von Stuck aufgenommen zu werden. Die | |
bayerische Hauptstadt war vor dem Ersten Weltkrieg die vielleicht | |
liberalste Stadt im Kaiserreich. Trier gelangte dort rasch zu einiger | |
Bekanntheit, etwa mit Karikaturen im Simplicissimus – das wiederum rief | |
zwei Berliner Verleger auf den Plan. | |
Der eine war Hermann Ullstein, vom berühmten Verlagshaus, der andere Otto | |
Eysler, von den Lustigen Blättern. Beide wollten Trier als Mitarbeiter, | |
sodass Trier 1910 nach Berlin wechselte und schon bald auskömmlich leben | |
konnte. Triers Stil waren detailverliebte Zeichnungen, die für eine | |
freundlich-kritische Stimmung sorgten. Selbst in den Propagandazeichnungen, | |
die Trier im Ersten Weltkrieg anfertigte, lässt sich eine gewisse | |
Menschenliebe erkennen, er zeichnete die Feinde als Trottel, nie aber als | |
Un(ter)menschen. | |
Nach dem Kriegsende stieg Triers Stern in unbekannte Höhen – aufgrund | |
seines Fleißes als Zeichner, Maler, Trickfilmer, Kabarettist und | |
Spielzeugdesigners konnte man ihm kaum entkommen. Schnell war der eher | |
schüchterne Künstler ein Star geworden, wurde für Zeitschriften in | |
Homestorys porträtiert und war, obschon er sich lieber in sein Atelier in | |
Lichterfelde zurückzog, als Prominenter zu öffentlichen Auftritten | |
gezwungen. | |
Dass ihn die Verlegerin Edith Jacobsohn mit dem damals weniger bekannten | |
Kästner verband, war für alle drei ein Glücksfall – beginnend mit dem 1929 | |
erschienenen Kinderbuch „Emil und die Detektive“ erlangten Kästner und | |
Trier Weltruhm, während Jacobsohns Verlag Williams & Co. endgültig in die | |
erste Verlagsliga aufstieg. Dabei lehnten Walter Trier und seine mondäne | |
Frau Kästner zunächst sogar ab – dessen Umgang mit Frauen war ihnen | |
suspekt. | |
Dem Weltruhm ist es auch zu verdanken, dass Trier 1936 Deutschland | |
verlassen konnte und über England nach Kanada ging, dort jeweils nochmal | |
eine Karriere starten konnte, ehe er vor 70 Jahren an einem Herzschlag | |
starb. | |
Nach seinem Tod aber blieb Trier plötzlich im Schatten Kästners, wurde auf | |
den Illustrator und Gebrauchsgrafiker reduziert und nicht mehr als der | |
Künstler anerkannt, als der er in Berlin selbstverständlich gegolten hatte. | |
Antje Maria Warthorst versucht ihn nun mit ihrer ausführlichen Biografie | |
wieder an jenen Platz zu bringen, an den er gehört – als Künstler, der die | |
Ästhetik der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wesentlich geprägt hat. Und | |
das einzige Manko der Biografie – Abbildungen in Schwarzweiß – hat | |
Warthorst auch ausgeglichen: Zeitgleich erscheint jetzt der Band „Die | |
Bilderwelt des Walter Trier“, eine opulente Werkschau in Farbe. | |
Antje Maria Warthorst: „Walter Trier. Eine Bilder-Buchkarriere“. | |
Favoritenpresse, Berlin 2021, 354 Seiten, 22 Euro | |
4 Aug 2021 | |
## AUTOREN | |
Jörg Sundermeier | |
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