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# taz.de -- Der große Roller-Schwindel
> Mit einer Parkplatzpflicht wollen Altona und Mitte Nutzer*innen von
> E-Scootern disziplinieren. Kontrolleur*innen sollen die Unternehmen
> selbst sein. Doch das funktioniert offenbar nicht
Bild: Verkehrswende zum Drübersteigen: E-Scooter im Schanzenpark
Von Lukas Door
E-Scooter sollten ein Baustein der Verkehrswende werden. Doch zwei Jahre
nach ihrer Einführung sind sie vor allem ein Ärgernis. Untersuchungen
ergeben, dass sie fast nie anstelle des Autos verwendet werden und vor
allem Fußwegstrecken ersetzen. Und in den Innenstadtvierteln liegen sie
mehr im Weg rum, als dass sie fahren.
Wild geparkte Roller schränken die Barrierefreiheit im Stadtverkehr stark
ein und sind eine Gefahr für Menschen mit Seh- oder Gehbehinderung. Auch
überall dort, wo sich Fußgänger*innen und Fahrradfahrer*innen den
Bürgersteig teilen, können abgestellte Scooter tückische Hürden sein.
Wer abends durchs Schanzenviertel spaziert, muss E-Scootern verschiedener
Verleihfirmen ausweichen: Auf der Stresemannstraße blockieren sie die
ohnehin schon schmalen Fahrradwege. In der Max-Brauer-Allee stehen bis zu
fünf Roller hintereinander auf dem Gehweg und zwingen so
Fußgänger*innen, auf den Radweg auszuweichen. Auch die wenigen
Grünflächen im Viertel sind von bunten Rollern okkupiert – häufig liegend.
Von Benutzer*innen buchstäblich fallen gelassen.
Dabei wurde im März dieses Jahres der Großteil des Schanzenviertels zur
Parkverbotszone für die elektrischen Tretroller erklärt. Die Bezirke Altona
und Mitte haben das Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit der Behörde für
Verkehr und Mobilitätswende (BMV) sowie den Stadtteilbeiräten initiiert.
Die Bezirke haben markierte Abstellflächen an festgelegten Knotenpunkten
eingerichtet, die ausschließlich für die Roller vorgesehen sind. Somit darf
man im Schanzenviertel seit März die Roller offiziell nur noch auf
markierten Flächen an den Kreuzungen der Altonaer mit dem Schulterblatt und
der Schanzenstraße, am Neuen Pferdemarkt auf Höhe der Beckstraße und am
U-Bahnhof Sternschanze parken.
Um sicherzustellen, dass sich die Nutzer*innen auch wirklich an das
Abstellverbot halten, kooperieren die Bezirke mit den Betreiberfirmen. Das
Parkverbot gilt für E-Scooter aller in Hamburg aktiven Unternehmen. Laut
Darstellung des Bezirks Altona sollten Firmen wie Tier, Lime oder Voi das
Abstellen außerhalb der Markierungen technisch unmöglich machen, indem die
Roller nur auf den ausgewiesenen Flächen zurückgegeben werden können.
Sanktioniert werde, indem die Mietzeit und damit die Zahlungspflicht
unverändert weiterlaufe oder indem die Firmen eine fixe Strafzahlung
erheben, wenn Nutzer*innen die Roller nicht ordnungsgemäß abstellten.
Zusätzliche Kontrollen durch die Bezirke oder die Verkehrsbehörde, wie sie
bei falsch geparkten Autos Routine sind, gibt es nicht. Ob und wie die
Roller abgestellt werden, werde von den Firmen „auf GPS-Basis“
kontrolliert, heißt es in einer Pressemitteilung des Bezirksamtes Altona.
Ein Blick auf die Straße legt nahe, dass das Projekt gescheitert ist: Am
U-Bahnhof Sternschanze und am Neuen Pferdemarkt stehen jeweils ein bis zwei
Roller auf den Parkflächen, während sich in der engen Juliusstraße sowie in
der Max-Brauer-Allee Roller auf dem Gehweg aufreihen. An der Bushaltestelle
Neuer Pferdemarkt, nur wenige Meter von der Abstellfläche entfernt, stehen
die Roller regengeschützt unterm Dach – und lassen dabei kaum Platz für
tatsächlich Busfahrende.
Auf Anfrage heißt es vom Bezirksamt Altona, es gebe noch keine klaren
Erkenntnisse darüber, ob sich die Nutzer*innen an die Abstellflächen
halten. Dass sich E-Scooter weiterhin in den Verbotszonen drängen, lässt im
Zuge des Projektes einen deutlichen Anstieg der Mietzahlungen vermuten. Die
deutsche Verleihfirma Tier beobachtet jedoch seit Einführung des Projektes
keinen Anstieg der Zahlungen. Anhand von GPS-Daten ließen sich auch keine
Häufungen irregulär abgestellter Roller feststellen, sagt Markus Ries,
Regional Manager Norddeutschland bei Tier. Er bekräftigt sogar, die
Parksituation habe sich „deutlich verbessert“ und die Stationen würden auch
rege genutzt.
Der Bezirk Mitte hat das Projekt mit zwei Abstellflächen am Jungfernstieg
und dem Neuen Wall begonnen. Seitdem wurden bereits sechs weitere
Abstellflächen installiert. Mehr Abstellflächen plane das Bezirksamt Mitte
noch nicht, so eine Pressesprecherin zur taz. Zunächst solle die
Wirksamkeit der Flächen in Kombination mit der No-Parking-Zone zusammen mit
der Verkehrsbehörde überprüft werden.
Die Behörde erklärt, dass die Scooter-Parkzonen kein Element der
Straßenverkehrsordnung seien. Ein Abstellen in Parkverbotszonen wird
demnach nicht als Ordnungswidrigkeit gewertet. Nutzer*innen müssen sich
lediglich gegenüber den Scooter-Unternehmen verantwortlich zeigen –
augenscheinlich mit geringem Erfolg.
1 Jul 2021
## AUTOREN
Lukas Door
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