# taz.de -- corona in hamburg: „Oft zählt nur der schnelle Euro“ | |
Interview Lukas Door | |
taz: Herr Fraaß, werden Tierheime mit Ende des Homeoffice bald überfüllt | |
sein? | |
Sven Fraaß: Davon gehen wir auf jeden Fall aus. Wenn das Homeoffice beendet | |
wird und auch das Reisen wieder unbeschwerter möglich ist, werden leider | |
wohl viele Tiere, die während der Pandemie aus Langeweile oder Naivität | |
gekauft wurden, regelrecht entsorgt. | |
Wie bewerten Sie das An- und Abschaffen der „Coronatiere“? | |
Es muss viel schwerer gemacht werden, Tiere zu kaufen. Verkaufsanzeigen von | |
Tieren haben nichts auf Portalen zu suchen, auf denen man auch | |
Second-Hand-Hosen oder Waschmaschinen kaufen kann. Leider zählt oft nur der | |
schnelle Euro. Das sieht man vor allem beim Welpenhandel. Es gibt eine | |
regelrechte Welpenmafia, die massenhaft kranke, zu junge Hundewelpen, teils | |
mit falschen Angaben, verkauft. Viele Hundemütter werden als Gebärmaschinen | |
missbraucht. Auch in Hamburg landeten kranke Welpen teilweise in Gebüschen | |
oder Mülltonnen. | |
In welchem Zustand kommen die Tiere bei Ihnen an? | |
Da kommt leider alles vor, was man sich ausmalen kann. Kürzlich sind erst | |
wieder fünf junge Frettchen in Altona ausgesetzt worden, teilweise | |
verletzt. Eins war so schwach und krank, dass es eingeschläfert werden | |
musste. Wir haben schon die schlimmsten Schicksalsschläge erlebt. Das | |
Brutalste, was man sich vorstellen kann, ist auch schon einem ausgesetzten | |
Tier passiert. | |
Welche Begründungen erwarten Sie für das Abgeben? | |
Wir erwarten nicht die Wahrheit, das muss man schon sagen. Eigentlich heißt | |
es in sozialen Medien oder in der Werbung immer wieder, dass man sich nicht | |
unüberlegt Tiere anschaffen soll. Die Leute schämen sich in der Regel, denn | |
man müsste es eigentlich besser wissen. Häufig ist dann von Zeitmangel oder | |
privaten Problemen die Rede. Uns ist die Abgabe mit stinkender Ausrede | |
trotzdem lieber als eine Aussetzung, bei der die Chance, dass die Tiere | |
sterben, deutlich höher ist. | |
Wie erklären Sie sich diese Kurzsichtigkeit bei der Haustierbeschaffung? | |
Vielleicht ist das vor allem ein Stadtphänomen. In der Regel ist der Mensch | |
hier etwas einsamer. So ersetzt das Haustier gerne mal Kind oder Partner – | |
gerade während der Coronapandemie. Mit wachsender Sehnsucht nach Kontakt | |
nimmt auch der Wunsch nach einem Tier zu. In den sozialen Medien werden | |
Tiere zudem als Accessoire inszeniert: Man möchte dann vielleicht auch wie | |
Justin Bieber einen Affen haben oder wie Paris Hilton den Hund in der | |
Tragetasche. | |
6 Jul 2021 | |
## AUTOREN | |
Lukas Door | |
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