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# taz.de -- Die Wahrheit: Terrorfilm mit Heiliger
> Neues aus Neuseeland: Hollywood plante, das Attentat auf die Moschee von
> Christchurch zu verfilmen. Im Mittelpunkt: Jacinda Ardern.
We are one“ und „They are us“ waren die berühmten Sätze, die Jacinda Ar…
sprach. Die neuseeländische Premierministerin legte sich ein Kopftuch um
und umarmte die Opfer des Terroranschlags in Christchurch. Das
Moscheemassaker des Nazis, der vor zwei Jahren friedlich betende Menschen
erschoss, erschütterte die Welt. Die Geste der heiligen Jacinda dagegen
tröstete – und setzte ein Zeichen.
Dass bei uns mit Mitgefühl und Hilfsbereitschaft reagiert wurde, war in der
Tat sensationell. Ob aber Arderns Worte die besten waren, darüber lässt
sich streiten. Denn „they“ bedeutet ein Andersmachen und Ausgrenzen derer,
die nicht „wie wir“ sind, weil sie muslimisch sind. Ausgerechnet dieses
umstrittene Zitat ist der Titel eines geplanten Hollywoodfilms über den 15.
März 2019. Doch das Projekt erbost Neuseeland.
Der Kiwi Andrew Niccol, der 1997 den düsteren Science-Fiction „Gattaca“
gedreht hat, soll Regie führen. In der Hauptrolle der heiligen Jacinda: die
Australierin Rose Byrne. Laut Hollywood Reporter soll es „eine
inspirierende Story über die Reaktion einer jungen Führerin auf das
tragische Ereignis“ werden. 51 Tote, 40 Verletzte, Hunderte von
traumatisierten Menschen – aber im Mittelpunkt steht die heroische
Landesmutter?
So nicht, empörten sich die Angehörigen der Opfer und setzten eine Petition
gegen den Film auf. Sie hat bereits über 72.000 Unterschriften. Hauptkritik
ist nicht nur die „White Saviour“-Attitüde des Projekts. Neben der als
rassistisch empfundenen weißen Rettermentalität stößt auch auf, dass die
islamischen Gemeinden nicht zu Rate gezogen wurden und dass der Film viel
zu früh kommt. Die Wunden sind noch zu frisch.
Aya Al-Umari zum Beispiel, deren Bruder von dem Killer hingerichtet wurde
und deren Mutter ihm im Gericht vergab, erfuhr von „They Are Us“ nur über
soziale Medien. Auch sie wollte wissen, mit wem sich die Produzenten denn
angeblich im Vorfeld abgesprochen hätten. Es dauerte, bis das Geheimnis
endlich gelüftet wurde: Die beiden Imame Christchurchs hätten ihren Segen
gegeben, behauptete Produzentin Philippa Campbell, die in Neuseeland sitzt.
Doch die Imame konnten das nicht bestätigen – es sei nur eine
oberflächliche Konsultation gewesen, es gab keine Gespräche mit Opfern. Als
auch noch die Bürgermeisterin von Christchurch verkündete, dass Kamerateams
für „They Are Us“ in der Stadt nicht willkommen seien, schmiss die
Produzentin hin und stieg aus dem Projekt aus, für das sie eigentlich in
Cannes Finanziers finden wollte.
Und Jacinda Ardern, um deren Darstellung sich die Kontroverse dreht? Ihre
Regierung hat den Terroropfern längst nicht so geholfen, wie es nötig
gewesen wäre. Da ist noch viel nachzubessern. Als geschickte PR-Meisterin
hörte sie, wo die Woge der Empörung angelangt war, bevor sie ein weiteres
filmreifes Zitat von sich gab: „Es gibt viele Geschichten vom 15. März, die
erzählt werden könnten, aber meine ist keine davon.“
24 Jun 2021
## AUTOREN
Anke Richter
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Neuseeland
Jacinda Ardern
Hollywood
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