# taz.de -- Japans Wirtschaftskrise: Griechisches Drama in Fernost | |
> Mit neuen Konjunkturpaketen auf Pump will Premier Naoto Kan endlich die | |
> Deflation besiegen. Die Notenbank pumpt umgerechnet 90 Milliarden Euro in | |
> den Finanzmarkt. | |
Bild: Mit wenig hoffnungsfrohem Blick schauen die Japaner in die Zukunft - Kons… | |
HAMBURG taz | Japan steckt in der Deflations-Falle. Das Land ist weltweit | |
am höchsten verschuldet, der teure japanische Yen bremst die | |
Exportwirtschaft aus und die Nullzinspolitik der Notenbank verpufft. Die | |
Regierung in Tokio will nun der schwächelnden Wirtschaft noch einmal unter | |
die Arme greifen. Ein griechisches Drama könnte Asien erschüttern. | |
Insgesamt sollen zunächst 920 Milliarden Yen (8,5 Milliarden Euro) in ein | |
Konjunkturpaket gepackt werden, kündigte Ministerpräsident Naoto Kan am | |
Montag an. Ein weiteres Sonder-Budget solle nach Bedarf zusammengestellt | |
werden. Zuvor hatte die japanische Notenbank umgerechnet 90 Milliarden Euro | |
als Finanzhilfe für Banken locker gemacht. Damit soll der Höhenflug des Yen | |
gebremst und die exportabhängige japanische Wirtschaft angekurbelt werden. | |
"Doch den Märkten ist das Programm zu wenig", hieß es an der Börse in | |
Tokio. Anderseits ist zweifelhaft, ob Kan durchziehen kann. Der Regierung | |
sind die Hände gebunden, weil ihr die Mehrheit im japanischen Oberhaus | |
fehlt, alte Konjunkturprogramme auslaufen und weil sie die Verschuldung | |
zurückfahren will. | |
"Das Land war mal das große Beispiel", erinnert Stefan Große, Japanexperte | |
der Norddeutschen Landesbank. Bis in die 90er Jahre galten klaglos ohne | |
Urlaub schuftende Angestellte, Exportweltrekorde sowie gewaltige | |
Finanzgiganten deutschen Managern und Politikern als vorbildlich. Doch die | |
japanische Immobilienblase, welche Anfang der 90er Jahre platzte, ist als | |
"Heisei-Blase" noch allgegenwärtig: Trotz Leitzinsen nahe Null, zur Zeit | |
0,1 Prozent, wollten Konjunktur und Binnennachfrage nicht recht anspringen, | |
und trotz stagnierender oder gar sinkender Preise hält sich die Kauflaune | |
zwischen Wakkanai und Kagoshima bis heute in Grenzen. Und die japanische | |
Regierung verabschiedete seit dem Platzen der Heisei-Blase zahlreiche | |
Konjunkturpakete - ohne nachhaltige Wirkung. Die klassischen Möglichkeiten | |
der Geld- und Wirtschaftspolitik sind damit nahezu ausgereizt und das weckt | |
auch Sorgen im Westen. | |
Japan-Kenner Große wirft den wechselnden Regierungen und der Notenbank zu | |
große Zögerlichkeit vor. Konjunkturprogramme seien nur halbherzig aufgelegt | |
und die Geldpolitik zu langsam angepasst worden. Daraus hätten | |
beispielsweise Europäische Zentralbank und Bundesregierung gelernt und auf | |
die große Krise im Herbst 2008 rasch und energisch reagiert. | |
Japans Konsumenten gelten zudem als "risikoavers" - in schlechten Zeiten | |
wird lieber gespart als konsumiert. Doch möglicherweise stößt der | |
japanische Weg des Wachstums auch deshalb einfach nur an Grenzen. Die | |
Wirtschaft stagniert jedenfalls. Im Sommer verlor Japan den zweiten Platz | |
unter den größten Ökonomien erstmals an China. | |
Die Zukunft sieht Große "eher düster". "Japan hat kaum noch Spielraum - | |
weil es in der Deflationsfalle hängt." Die Notenbank könnte Staatsanleihen | |
kaufen, um die Politik zu entlasten, und neue Kreditprogramme für den | |
Mittelstand auflegen. Ansonsten heißt es: Hoffen auf die Weltwirtschaft! | |
Wichtigste Handelspartner sind USA und China. | |
Die Staatsverschuldung ist am Limit angekommen, sie beträgt über 200 | |
Prozent der Wirtschaftsleistung. Zum Vergleich: Griechenlands Schuldenstand | |
beträgt "nur" 135 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Nun drohen schlechte | |
Noten der Ratingagenturen, die schon den griechischen Fall beflügelt | |
hatten. Und es stelle sich mehr denn je die Frage nach dem "künftigen | |
Entwicklungspfad" der japanischen Ökonomie sowie nach der | |
"Handlungsfähigkeit künftiger Generationen", schreibt die Deutsche Bank in | |
einer Studie. | |
30 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
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