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# taz.de -- Unter den Bus geworfen
> Lohndumping trotz Hamburger Mindestlohns: Im Tarifkonflikt beim
> städtischen Reinigungsdienstleister Tereg drohen Hochbahn und Senat mit
> Outsourcing
Bild: Weniger als Mindestlohn fürs Busputzen: 40 Prozent der Tereg-Mitarbeiter…
Von Kai von Appen
Es klingt wie eine Kriegserklärung: Im Tarifkonflikt beim städtischen
Reinigungsdienstleister Tereg drohen die Hamburger Hochbahn und der
rot-grüne Senat unverhohlen damit, dem eigenen Tochterunternehmen den
Auftrag zu entziehen und einem privatwirtschaftlichen Unternehmen zu
übertragen, wenn die Beschäftigten und die Gewerkschaft Ver.di auf die
Einhaltung des Hamburger Mindestlohns pochen. Das geht aus einer Kleinen
Anfrage der Linkspartei an den Senat hervor. „Das wäre ein Schritt in die
weitere Privatisierung der Daseinsvorsorge“, schimpft die stellvertretende
Ver.di-Landesleiterin Sieglinde Frieß. „Öffentliche Aufgaben gehören in
öffentliche Hand.“
Tereg ist ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der städtischen
Hamburger Hochbahn. Die 920 Tereg-MitarbeiterInnen sind für die Reinigung
von Bussen, U-Bahnen und Haltestellen der Hochbahn zuständig – nachts,
damit ab dem frühen Morgen die HamburgerInnen in hygienisch gereinigten
öffentlichen Verkehrsmitteln fahren können. Das ist gerade während der
Coronapandemie und bei hohen Infektionszahlen in Hamburg besonders wichtig.
Im Mai 2018 beschloss die Hamburgische Bürgerschaft die Wiedereinführung
eines Hamburger Mindestlohns in Höhe von 12 Euro die Stunde. Die
städtischen Betriebe sind seither aufgefordert, das Lohnniveau in ihren
Tarifen auf diesen Standard anzuheben, öffentliche Aufträge sollen nur an
Unternehmen vergeben werden, die den Mindestlohn von 12 Euro auch zahlen.
Das ist bei Tereg nicht geschehen. Laut der Senatsanfrage der Linken
verdienen aktuell 355 der 920 MitarbeiterInnen (39 Prozent) weniger als 12
Euro – zwei Drittel von ihnen sind Frauen.
In der aktuellen Tarifrunde bei Tereg ist es bereits Ende März zu zwei
Warnstreiks gekommen, nachdem in vier Verhandlungsterminen kein annehmbares
Angebot von der Geschäftsführung vorgelegt worden war. Zwar bietet Tereg
nunmehr die Einführung des tariflichen Hamburger Mindestlohns in der
untersten Entgeltgruppe zumindest ab dem 1. Juli 2021 an, dieser
Mindestlohn von 12 Euro soll dann bis 2023 auf lediglich 12,20 Euro
angehoben werden.
Laut Ver.di-Tarifkommission fehlt eine „signifikante Lohnentwicklung für
die Zukunft“. Den Lohnabstand zwischen den untersten Entgeltgruppen will
Tereg komplett abschaffen – für die Beschäftigten sei das „nicht
nachvollziehbar und nicht hinnehmbar“, so Ver.di.
Durch die Senatsanfrage der Linkspartei sind nun Befürchtungen der
Tereg-Beschäftigten bestätigt worden, die sie zuvor in einem offenen Brief
geäußert hatten, wonach in Zukunft auch Jobs gefährdet sein könnten. Denn
der rot-grüne Senat räumt ein, dass eine Konsequenz der Einhaltung des
Landesmindestlohnes in einem seiner öffentlichen Unternehmen wegen der
Vergabeverordnung sein könne, dass die Dienstleistung dann an ein anderes,
nicht-öffentliches und billigeres Unternehmen outgesourct wird.
Und das, obwohl alles in die Wege geleitet wurde, um die
Inhouse-Vergabefähigkeit zu erreichen und die Hochbahn die Tereg ohne
Ausschreibung direkt beauftragen könne. „Sollten die Hochbahn und
Verkehrssenator Anjes Tjarks ein billigeres Unternehmen beauftragen, dann
wäre der Hamburger Mindestlohn eine Luftnummer“, kritisiert
Gewerkschaftssekretärin Irene Hatzidimou, vom Ver.di-Fachbereich Verkehr.
Kritik übt die Gewerkschaft auch an der Befristungspolitik des
Unternehmens. 80 Prozent der Einstellungen bei Tereg erfolgen befristet,
geht aus der Anfrage hervor. „Warum im Reinigungsbereich eine Befristung
mit Sachgrund ‚Erprobung‘ über die sechsmonatige Probezeit hinaus
erforderlich sei, verstehe ich beim besten Willen nicht“, so Hatzidimou.
„Die Freie und Hansestadt täte gut daran, hier keine Outsourcing-Drohungen
auszusprechen, sondern als öffentlicher Arbeitgeber seiner sozialen
Verantwortung nachzukommen“, bekräftigt Natale Fontana,
Ver.di-Fachbereichsleiter Verkehr. „Seit Jahren müssen die Beschäftigten
bei Tereg mit einer massiven Arbeitsverdichtung kämpfen. Jetzt verlangen
sie einen angemessenen Lohn, der auch Steigerungen zulässt.“
Die Ver.di-Tarifkommission bei Tereg will nun das weitere Vorgehen beraten
und wartet auf eine Stellungnahme vom grünen Verkehrssenator Tjarks zu
etwaigen Outsourcing-Plänen, so Hatzidimou zur taz.
27 Apr 2021
## AUTOREN
Kai von Appen
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