# taz.de -- heute in hamburg: „Mehr Erbbaurecht statt Verkauf“ | |
Interview Johanna Sethe | |
taz: Herr Chychla, warum sind die Apartments am Neuen Hühnerposten ein | |
„Fleck of Shame“? | |
Siegmund Chychla: Es wird städtischer Grund und Boden veräußert und | |
suggeriert, dass Apartments entstehen für Studenten und Menschen, die | |
Unterkünfte brauchen. Am Ende kommt dann heraus, dass Quadratmeterpreise | |
von 45 Euro aufgerufen werden. Teurer Wohnraum und Eigentumswohnungen sind | |
das, was die Stadt aus unserer Sicht gerade nicht braucht. Zumal das in | |
diesem Fall auch eine Art Konkurrenz gegenüber Hotels darstellt, von denen | |
Hamburg, und insbesondere St.Georg, definitiv genug hat. | |
Was hätte stattdessen entstehen sollen? | |
Was wir brauchen, ist Wohnraum, der für die Mehrheit der Bevölkerung | |
bezahlbar ist, und dieser Wohnraum fehlt hier. Man hätte da schließlich | |
auch ein Studentenwohnheim oder günstige Wohnungen für Obdachlose bauen | |
können. Die Initiative fordert deshalb: Kein Verkauf des Grundes für | |
Wohnraum und öffentliche Einrichtungen an Investoren, sondern Vergabe an | |
Leute, die jetzt dort bauen wollen. Für Spekulanten wäre das uninteressant, | |
weil nicht mehr alles alle paar Monate für einen viel höheren Preis | |
weiterverkauft werden könnte. | |
Müsste man eine so politische Forderung nicht eher vors Rathaus tragen als | |
vor ein Apartmenthaus? | |
Es geht darum, die Aktion dort zu machen, wo die Beispiele in der Stadt am | |
prägnantesten sind. Aus meiner Sicht ist das Apartmenthaus dafür ein sehr | |
guter Ort, weil es hätte verhindert werden können, wenn man diesen Grund | |
und Boden nicht privatisiert hätte. | |
Was ist aus den beiden Volksinitiativen mit dem Slogan „Keine Profite für | |
Boden und Miete“ im Namen geworden? | |
Die erforderliche Zahl von Unterschriften ist ja erreicht worden. Die | |
Initiativen befinden sich nun also in Verhandlungen mit der Stadt, um sie | |
davon zu überzeugen, auf die Forderung einzugehen. Es liegt sicher im | |
Interesse der Stadt, einen Volksentscheid zu verhindern. | |
Sind Sie zuversichtlich, dass die Stadt Ihre Forderungen erfüllt? | |
Nun, ich bin ja kein Kaffeesatzleser, aber nach meinem Kenntnisstand hat | |
man derzeit das Gefühl, mit der Stadt auf Augenhöhe zu verhandeln und dabei | |
auch wirklich ernst genommen zu werden. Das sind ja auch keine Forderungen, | |
die nicht erfüllbar wären. Im Koalitionsvertrag zwischen Grünen und SPD | |
steht nämlich deutlich, dass man eine Umkehr in der Bodenpolitik will. Und | |
dazu gehört eben auch eine verstärkte Nutzung des Erbbaurechts statt | |
Verkauf. | |
Welche Rolle spielt der „Housing Action Day“ dabei? | |
Wir finden es gut und richtig, dass man sich nicht nur auf Landes- oder | |
Bundes-, sondern auch auf Europaebene für die berechtigten Interessen der | |
Mieterinnen und Mieter einsetzt. Vom Deutschen Mieterbund flankieren wir | |
diesen Tag mit der bundesweiten Kampagne „Mietenstopp“, mit der wir eben | |
diesen für sechs Jahre fordern. Bei Aktionen wie der morgigen Kundgebung | |
vorm Apartmenthaus geht es vor allem darum, die Öffentlichkeit für unsere | |
Forderungen zu sensibilisieren. | |
25 Mar 2021 | |
## AUTOREN | |
Johanna Sethe | |
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