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# taz.de -- Decolonize wird langer Prozess
> Expert:innen fordern bei Onlinediskussion Lehrstuhl für postkoloniale
> Studien
Von Oscar Fuchs
Die Diskussion, wie die deutsche Kolonialgeschichte aufgearbeitet werden
soll, ist voll im Gange. 2019 beschloss das Abgeordnetenhaus ein
gesamtstädtisches Konzept zur Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit. Um
ein Zwischenfazit zu ziehen, luden die Grünen-Abgeordneten Sebastian Walter
und Daniel Wesener Freitagabend zur Online-Paneldiskussion. Im Fokus
standen Expert:innen und Verantwortliche von Decolonize Berlin, die das
städtische Aufarbeitungs- und Erinnerungskonzept ausarbeiten sollen.
Einen überfälligen Erfolg hatte es im vorigen Sommer gegeben: Nach
jahrelangen Protesten beschloss der Bezirk Mitte, die umstrittene M-Straße
in Anton-Wilhelm-Amo-Straße umzubenennen. Simone Dede Ayivi von der
Initiative Schwarze Menschen in Deutschland resümierte dies bei der
Veranstaltung so: „Es war ein langwieriger Prozess unter großem Widerstand,
die Umbenennung durchzusetzen.“ Die Arbeit hört hier allerdings nicht auf.
In Berlin gibt es noch zahlreiche Straßen und Plätze mit Kolonialbezug,
etwa die Lüderitzstraße im Afrikanischen Viertel im Wedding.
## Plan für Gedenkstätte bis Mai
Viel zu tun gibt es auch in puncto Lern- und Erinnerungsorte: Bis Mai will
die Koordinierungsstelle von Decolonize die Planung für eine zentrale
Gedenkstätte abgeschlossen haben. Zum Konzept gehören zudem dezentrale Orte
der Erinnerung, etwa in Museen oder im Botanischen Garten.
Tahir Della von Decolonize Berlin argumentierte, bei den Lern- und
Gedenkorten gehe es darum, Aufklärung und Austausch anzuregen: „Wir
brauchen kein Denkmal, um das Thema abzuschließen, sondern müssen einen
Prozess der Aufarbeitung in Gang setzen.“ Dieser Prozess müsse durch die
gesamte Mehrheitsgesellschaft gehen, sagte er. „Kolonialismus wird noch
nicht als tiefgreifendes Verbrechenssystem auf allen gesellschaftlichen
Ebenen verstanden.“ Dekolonisierung erfordere eine kontinuierliche
Aufklärungsarbeit.
In Richtung der dafür so wichtigen Bildungspolitik bemängelte der
Grünen-Abgeordnete Wesener, dass die „Wissenschaft bisher noch eine große
Baustelle“ bleibe. Gefordert sei jetzt unter anderem,
Forschungseinrichtungen und einen Lehrstuhl für Black Studies und
Postkoloniale Studien zu schaffen. Maisha Auma, Professorin für Gender
Studies und Erziehungswissenschaft an der Technischen Universität,
bekräftigte das: „Kolonial und rassistisch geprägte Normen wurden
institutionell verankert.
Noch heute sind die Universitäten häufig durch koloniale und westzentrische
Normen geprägt.“ Ebenso müsse die Kolonialgeschichte in die Lehrpläne der
Schulen und die Ausbildung der Lehrkräfte einfließen.
Konkret hapere es zudem an der Rückgabe kolonialer Raubkunst, kritisierte
Wesener: „Beim Thema der Restitution passiert gerade gar nichts.“ Bei der
Rückgabe der Benin-Bronzen etwa werde von Behörden auf die Stiftung
Preußischer Kulturbesitz verwiesen, in deren Hand sie sich befinden.
1 Mar 2021
## AUTOREN
Oscar Fuchs
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