# taz.de -- corona in hamburg: „Es geht darum, dass wir Mensch bleiben“ | |
Interview Johanna Sethe | |
taz: Herr Koç ak, wie viel Kaffee müssen Sie verkaufen, um die Miete zu | |
decken? | |
Turan Koçak: Oh, keine Ahnung. Da müsste man jetzt mal ausrechnen, wie oft | |
wir einen Kaffee für 2,50 Euro verkaufen müssten, um eine Ladenmiete von | |
etwa 5.000 Euro zu decken. Zu viel auf jeden Fall, so viel Kaffee kann man | |
nicht verkaufen. | |
Haben Sie die Coronahilfen der Regierung beantragt? | |
Ja. Die erste Hilfe haben wir selber beantragt und auch bekommen. Die | |
restlichen Hilfen ab November mussten wir mit unserem Steuerberater | |
beantragen und die sind dann sehr verspätet gekommen. Die Dezemberhilfe zum | |
Beispiel haben wir erst vor zwei Wochen erhalten. | |
Welche Konsequenzen hatte das? | |
In erster Linie die, dass wir wochenlang nicht schlafen konnten. Wir haben | |
ja auch keine Informationen gekriegt. Keiner konnte beantworten, warum das | |
so lange gedauert hat. | |
Wie versuchen Sie das jetzt aufzufangen? | |
Mit unseren eigenen Kräften, das heißt Familie, Bekannte und Freunde. Alle | |
helfen jetzt mit und bringen das Geld, das sie zu Hause haben. | |
Und Ihre Mitarbeiter:innen? | |
Eine Mitarbeiterin ist in Kurzarbeit, die restlichen sind aber jeden Tag | |
hier. Einfach um das Gefühl zu haben, von zu Hause rauszukommen und zur | |
Arbeit zu müssen. Um psychisch stabil zu bleiben und ein möglichst normales | |
Leben zu gewährleisten, das ist der einzige Grund. Es geht nicht mehr | |
darum, dass wir hier Geschäfte machen und Geld verdienen, ganz im | |
Gegenteil. Es geht darum, dass wir Mensch bleiben. | |
Dann haben Sie ja so einige Hände, die jetzt mit anpacken. Verkaufen Sie | |
gerade viel außer Haus? | |
Weil das Wetter so gut ist, wird es gerade mehr, ja. Ansonsten haben wir | |
aber täglich nur drei oder vier Essen verkauft. Das haben wir uns, wie | |
viele andere, anders vorgestellt. Aber es hat nicht so geklappt, wie wir | |
wollten. Weil wir jetzt alle hier sind, versuchen wir, den Laden instand zu | |
halten. Wir streichen neu, reparieren und renovieren gerade selber, um uns | |
zu beschäftigen. | |
Was brauchen Sie jetzt? | |
Wir bräuchten auf jeden Fall mehr Hilfen. Die von Januar und Februar zum | |
Beispiel. Es ist Ende Februar und das Geld ist noch nicht da. Das wünsche | |
ich mir als Gastronom. Als Mensch wünsche ich mir einfach, dass ich und | |
alle, die hier sind, gesund bleiben. | |
Sind Sie hoffnungsvoll? | |
Also wenn Corona weggeht, dann wird sich alles normalisieren, denke ich, | |
aber diese Hoffnung habe ich noch nicht. Einen Alternativplan aber auch | |
nicht. Wir versuchen, so lange auf den Beinen zu bleiben, wie wir können. | |
Danach schließen wir, gehen nach Hause und fangen wieder von null an. Ich | |
bin ein Widerstandsmensch, Angst habe ich nicht. | |
24 Feb 2021 | |
## AUTOREN | |
Johanna Sethe | |
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