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# taz.de -- heute in hamburg: „Nicht alle Körper haben gleiche Rechte“
Interview Johanna Sethe
taz: Frau Michelberger, fühlen Sie sich schön?
Melodie Michelberger:Oh Gott, also ich weiß gar nicht, ob ich mich schön
finde. Ich fühle mich auf jeden Fall selbstbewusst und stark.
Wer entscheidet, was „schön“ ist?
Wenn man bei Google „schöne Frau“ eingibt, zeigen die Ergebnisse relativ
klar, was wir in unserer Gesellschaft unter Schönheit verstehen. Da ist zum
einen die Beautyindustrie, die das Idealbild, was vorherrscht, seit
Jahrzehnten immer wieder reproduziert. Zum anderen meinen wir, wenn wir
sagen, dass wir zum Beispiel glitzernde Augen schön finden, meist Frauen,
die im Gesamtbild dem Ideal entsprechen – also groß, schlank, lange Haare,
glatte Haut, symmetrisches Gesicht.
Sie selbst waren bei Gala und Brigitte. Welche Rolle spielen Medien und die
da vermittelten Bilder?
Die Medien sind wie ein Werkzeug, mit dem wir unser Schönheitsideal
manifestieren. Es ist ja kein Zufall, dass wir, vor allem in
Frauenzeitschriften, aber auch in Fernsehserien und auf Werbeplakaten,
keine Diversität an Körperformen sehen. Die Vorurteile gegenüber dicken
Menschen sitzen eben auch in den Redaktionsleitungen großer
Frauenzeitschriften.
Und Social Media?
Also auf der einen Seite kann es natürlich ein krasser Verstärker sein,
weil es genau diese Bilder in noch viel größerer Menge in jeden Winkel der
Welt verteilt. Auf der anderen Seite kann es aber auch ermöglichen, dass
die Menschen sichtbar werden, die aufgrund ihres Körpers marginalisiert und
in den Mainstreammedien eben nicht präsent sind.
Warum können wir nicht einfach aufhören, überhaupt über Körper zu sprechen…
Ich hoffe, dass wir damit irgendwann aufhören können. Aber es ist ja leider
immer noch so, dass gesellschaftlich nicht alle Körperformen die gleichen
Rechte haben. Es gibt Studien, die zeigen, dass vor allem dick_fette
Menschen es schwerer haben, einen Job zu finden. Und solange ich einen
Shitstorm bekomme, wenn ich sage, dass ich mir eine dicke Disneyprinzessin
wünsche, sind wir glaube ich noch ziemlich weit davon entfernt, dass Körper
kein Thema mehr sind.
Was war der Auslöser für Ihr Buch „Body Politics“?
Durch meine Arbeit und den vielen Kontakt mit meinen Follower:innen, hatte
ich einfach das Bedürfnis, meine Geschichte zu erzählen. Es hat mir aber
auch geholfen, in meinem eigenen Kopf nach Antworten zu suchen und zu
verstehen, warum ich mich mein Leben lang in einem schlanken Körper so
unwohl gefühlt habe. Ich bin ja noch gar nicht so lange dick. Dass mir
fremde Männer im Netz Gesundheitstipps geben, ist für mich neu. Als ich
früher magersüchtig war, hat niemand in Frage gestellt, dass es mir gut
geht.
16 Feb 2021
## AUTOREN
Johanna Sethe
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