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# taz.de -- Superbowl-Triumph für Tom Brady: Der Werfer und seine Maurer
> Tom Brady gewinnt das Duell der besten Quarterbacks der Liga. Seinen
> siebten NFL-Titel hat der Veteran auch seinen Mitspielern zu verdanken.
Bild: Gewohntes Bild: Tom Brady mit der Vince-Lombardi-Trophy
Berlin/Tampa taz | Äh, das war’s jetzt? Das Jahrhundertspiel? Das
Aufeinandertreffen der Giganten aus zwei Generationen? Der Beste aller
Zeiten gegen den Besten dieser Zeit? Die einmalige Gelegenheit, bei der
Übergabe des Staffelstabs dabei zu sein? Als könnte man tatsächlich
erleben, dass Michael Jordan gegen LeBron James antritt oder Pelé gegen
Messi.
Die Geschichte des Superbowl ist auch eine Geschichte der Enttäuschungen.
Oft kann das Spiel mit dem zweiwöchigen Hype, der ihm vorausgeht, nicht
mithalten. In diesem Sinne war dann selbst die 55. Auflage des Endspiels
der National Football League (NFL) spektakulär: So gewaltig wie in
Superbowl LV sind die Erwartungen noch nie enttäuscht worden.
Sehr schnell war klar: Der beste Quarterback dieser Zeit würde an diesem
Abend keine Chance haben gegen den [1][besten Quarterback aller Zeiten].
Dass [2][Patrick Mahomes und seine Kansas City Chiefs], die als
Titelverteidiger und Favorit ins Spiel gegangen waren, am Ende deutlich
9:31 den Tampa Bay Buccaneers um Tom Brady unterlagen, lag allerdings nur
zum geringen Teil an den Protagonisten des versprochenen Titanen-Duells.
Während der 43-jährige Brady, der mit seinem siebten Superbowl-Sieg seinen
Platz im Mount Rushmore des Sports endgültig zementiert hat, den gesamten
lauen Abend in Tampa alle Zeit der Welt hatte, die Bälle zu verteilen,
musste der 18 Jahre jüngere Mahomes bei nahezu jedem Spielzug um sein Leben
rennen. Dass Brady drei Touchdowns werfen konnte und zum wertvollsten
Spieler der Partie gekürt wurde, während Mahomes kein einziger gelang,
dafür waren an diesem Abend weniger die beiden Quarterbacks verantwortlich
als die Offensive und Defensive Lines.
## Die wahren Gewinner
Selten war offensichtlicher, von wem Football-Spiele ursächlich entschieden
werden. Nicht von den vom NFL-Marketing und den Medien zu Superhelden
hochgejazzten Quarterbacks, sondern von den schweren Jungs, die die
Drecksarbeit machen. Bei jedem Spielzug prallen bis zu 150 Kilo schwere
Fleischberge mit größter Wucht aufeinander. Die auf der einen Seite
versuchen, eine Wand für ihren Quarterback zu bauen, damit jener in Ruhe
das Lederei werfen kann.
Die auf der anderen Seite wollen diese Wand zum Einsturz bringen. Während
um Brady eine Wand stand, auf die dessen guter Bekannter Donald Trump stolz
gewesen wäre, wurde Mahomes nur von einem Weidezaun geschützt. „Wir waren
nie im gleichen Rhythmus“, sagte er anschließend. Wie unglaublich
talentiert Mahomes ist, zeigte er trotzdem: Ein ums andere Mal entkam er
den heranstürzenden Verteidigern und warf selbst noch auf der Flucht oder
sogar im Fallen brauchbare Pässe, die seine Mitspieler dann aber durch die
Finger rutschen ließen.
Nicht zuletzt war auch das Glück auf Seiten der Buccaneers. Brady warf
eine Interception, aber der Fehler, der das Spiel vielleicht hätte drehen
können, wurde zurückgepfiffen, weil ein Chiefs-Profi ein unnötiges Foul
beging. Überhaupt leisteten sich Kansas City ungewohnt viele Fehler und
Disziplinlosigkeiten. Bis zur Halbzeitpause standen für die Chiefs acht
Strafen zu Buche, die dem Gegner 95 entscheidende Yards Raumgewinn
schenkten, während sich die Buccaneers nur ein einziges strafwürdiges
Vergehen leisteten. Allein an Mahomes, der sein Team schon so oft aus
schier aussichtslosen Rückständen gerettet hatte, lag es, dass Millionen
den Fernseher nicht ausschalteten.
## Mehr Titel als jeder Klub
Aber an diesem Abend stand auf der anderen Seite eben Tom Brady. Der
verwaltete in der zweiten Halbzeit mit der ganzen Erfahrung, die er in 21
Jahren als Profi gesammelt hat, den Erfolg in seinem zehnten
Superbowl-Auftritt. Mit sieben Superbowl-Titeln hat er nun nicht nur
deutlich mehr gewonnen als jeder andere Spieler, sondern sogar mehr als
jeder Klub der NFL.
Die offizielle Übergabe des Staffelstabs von einem Aushängeschild der NFL
an den neuen Superstar, als die das Spiel auch apostrophiert worden war,
blieb also aus. Mehr noch: Der Beginn der neuen Ära wurde noch einmal
verschoben. Schon vor dem Finale hatte Brady angekündigt, weiterzumachen:
„Nach diesem Spiel beginnt die nächste Saison.“
Ein neues Zeitalter begann immerhin [3][im Rahmenprogramm]. Gewöhnlich
inszeniert die NFL den Superbowl als patriotisches Spektakel. Auch diesmal
wehten wieder reichlich Flaggen und kurz vorm Kick-off flogen Flugzeuge
übers Stadion, aber ansonsten gab sich die Liga Mühe, den neuen Präsidenten
Joe Biden bei seinem Versuch zu unterstützen, die Gräben in der
US-Gesellschaft zu überbrücken. R&B-Star Alicia Keys wurde mit einem
Black-Lives-Matter-Clip eingespielt, die schon bei Bidens Amtseinführung zu
Ruhm gekommene Lyrikerin Amanda Gorman trug ein Gedicht vor. Die Hymne
wurde gemeinsam vom weißen Country-Sänger Eric Church und der schwarzen
Soul-Interpretin Jazmine Sullivan vorgetragen.
Generell wirkte das ganze Spektakel vor 25.000 echten Zuschauern, die sich
nur bedingt an die Hygenievorschriften hielten, und 30.000 Pappfiguren, die
die Ränge des Raymond-James-Stadions nicht ganz so traurig aussehen lassen
sollten, angenehm abgespeckt und wie das Versprechen für eine gespaltene
Nation, dass eine heile Welt möglich ist. Ein Versprechen, das hoffentlich
nicht enttäuscht wird.
8 Feb 2021
## LINKS
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## AUTOREN
Thomas Winkler
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