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# taz.de -- taz.berlin-Adventskalender 18: Bescheiden im Zug
> Im taz.berlin-Adventskalender präsentieren wir in diesem Jahr passend zum
> Winter-Shutdown viele schöne Spiele. Heute: Halma.
Bild: Am Zug
Wenn ich an Halma denke, dann denke ich unweigerlich zuerst an meine Oma.
Diese so strenge wie freundliche Frau war ein Vollprofi in Sachen Halma.
Sie spielte es derart blitzschnell, dass sie uns Enkel mit Schokolade
bestechen musste, damit wir ihr ein unwürdiges Gegenüber boten. Niemand
hatte eine Chance gegen sie, wenn sie mit ihrem Adlerblick kurz die Lage
checkte und dann zu einem tödlichen Spielzug ansetzte, der in affenartiger
Geschwindigkeit ellenlange Sprungfolgen beinhalten konnte. Vielleicht gab
es da eine geheime Verbindung zwischen ihrer Strickfähigkeit und diesem
Spiel.
Erst ein Vierteljahrhundert nach ihrem Tod habe ich bemerkt, dass Halma
völlig unterschätzt wird, dass es mehr ist als dieses ausgelutschte
Brettspiel, das übrigens 1883 von einem amerikanischen Chirurgen erfunden
wurde und im Englischen unter dem Namen Chinese Checkers bekannt ist, ohne
dass das Spiel was mit China zu tun hätte. Halma ist wie das Leben selbst,
eine unglaubliche O-Bein-Geschichte.
Am Anfang ist noch alles geordnet und übersichtlich, am Ende soll es im
gegenüberliegenden Feld wieder ganz genauso werden, aber der Weg dorthin
ist zum Verzweifeln chaotisch, aufregend und unübersichtlich, sodass man
sich zwischendurch die schöne Aufgeräumtheit von Anfang und Ende nicht mal
mehr ansatzweise vorzustellen vermag.
Je mehr Menschen Halma gegeneinander spielen, also beim Sternhalma maximal
sechs, desto interessanter wird es, denn jede Bahn, die man sich baut, kann
schon vom nächsten Spieler, der an der Reihe ist, aufs Schmählichste für
die eigenen Zwecke missbraucht oder zugebaut werden. Es grenzt an
Unmöglichkeit vorauszusehen, wie sich das Spielfeld verändert hat, wenn
fünf Personen Spielzüge ausgeübt haben, bevor man selbst wieder dran ist.
Dann heißt es nicht mehr Bahnen planen, sondern spontan Bahnen erkennen,
die sich ergeben, weil die anderen nicht richtig aufgepasst haben.
Ich habe Spiele erlebt, bei denen Gedränge in der Mitte derart massiv
wurde, dass es nicht mehr vor und nicht mehr zurück ging, dass man Lust
hatte zu schubsen – oder auf die neuesten Abstandsregeln hinzuweisen.
Aber solcherlei ist natürlich nicht erlaubt beim Halma, sodass einem oft
nichts übrig bleibt als Rücksicht nehmen: Man muss geduldig warten, bis es
von selbst wieder leerer wird, auf die großen Sprünge verzichten und eher
am Rand bescheidene Züge tun.
Ich weiß bis heute nicht genau, warum ich mich an keinen einzigen
bescheidenen Zug meiner Oma erinnern kann.
Erforderlich: Am schönsten ist es zu sechst, aber zu zweit geht auch
Zielgruppe: Omas und alle anderen
Wer das spielt, spielt auch: Mühle
18 Dec 2020
## AUTOREN
Susanne Messmer
## TAGS
taz-Adventskalender
Brettspiel
Lockdown
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