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# taz.de -- hartz 4: „Von der Gesellschaft total ausgeschlossen“
> Lara Tieme*, 30, aus Leipzig beendete 2020 ihre Ausbildung als
> Veranstaltungstechnikerin
„Ich kommuniziere offen, dass ich Hartz IV beziehe. Aber es geht mir dabei
richtig schlecht. Als ich gemerkt habe, dass ich jetzt mit dem
Hartz-IV-Satz berechtigt bin, zur Tafel zu gehen, habe ich einen Tiefpunkt
erreicht. Ich fühle mich hilflos. Wenn es nur eine Übergangszeit wäre, wäre
das nicht so schlimm. Aber perspektivisch weiß ich gar nichts. Ich stehe
immer unter extremem Druck, irgendwas machen zu müssen.
Im Sommer 2020 habe ich meine Ausbildung abgeschlossen. Schon da musste ich
in Kurzarbeit gehen – wegen Corona. Während meiner Ausbildung habe ich
aufgestockt, weil meine Ausbildungsvergütung nicht so hoch war, dass ich
davon leben konnte. Nach der Ausbildung habe ich Arbeitslosengeld I
bekommen, musste aber wegen der geringen Vergütung zusätzlich Hartz IV
beantragen. Außerdem hatte ich keine Ahnung, auf welche bürokratischen
Hürden ich treffe. Ich wusste etwa nicht, dass Jobcenter und Arbeitsagentur
komplett verschiedene Behörden sind. Das war für mich oft relativ schwer,
ich wusste nicht: Wem schicke ich gerade welche Information?
Durch Corona ist meine berufliche Unsicherheit sehr groß. Wann wieder
Veranstaltungen stattfinden, ist unklar. Alles ist in der Schwebe. Ich will
nur wieder arbeiten, aber wenn sich das nicht in den nächsten Jahren
bessert, muss ich umsatteln. Sonst krieg ich das psychisch nicht mehr hin.
Seit März hab ich nichts mehr zu tun, ein weiteres Jahr halte ich das nicht
aus. Wenn du nicht arbeitest, bist du von der Gesellschaft total
ausgeschlossen. In vielen Branchen können die Leute einfach arbeiten und
kriegen nicht mit, dass es Leute gibt, bei denen das gerade nicht geht. Die
stressen rum, weil sie nicht mehr in den Urlaub fahren können. Wenn das das
größte Problem ist, dann haben wir wirklich kein Gesprächsthema mehr.
14 Euro mehr Hartz IV bringen nicht viel. Mir wäre es wesentlich lieber,
wenn es stattdessen eine bessere Kommunikation mit den Ämtern gäbe und mehr
Informationen, wie was funktioniert.“
*Name geändert
5 Nov 2020
## AUTOREN
Christina Gutsmiedl
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