# taz.de -- „Tatort“ aus Dresden: Nichts fürs gruselscheue Publikum | |
> Ein graues Haus, ein Mädchen, das Geister sieht und tote Frauen mit | |
> strähnigen Haaren. Der Tatort als Psychothriller statt als klassischer | |
> Krimi. | |
Bild: Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Peter Michael Schnabel (Martin Bramb… | |
Die 14-jährige Talia sieht Geister. Jede Nacht suchen sie tote Frauen heim | |
und kriechen auf sie zu, strecken ihre Hände nach ihr aus und blicken sie | |
an mit Gesichtern ohne Augen. Sie alle wohnen in dem Haus, in das Talia und | |
ihr Vater vor Kurzem eingezogen sind. Und in dem sie am ersten Tag einen | |
toten Mann entdeckt hat. Die [1][Kommissarinnen Leonie Winkler (Cornelia | |
Gröschel) und Karin Gorniak (Karin Hanczewski)] ermitteln. Sie stehen mit | |
nichts da als den Erinnerungen von Talia, die den Täter gesehen haben | |
könnte. | |
Es ist ein großes, graues Haus, in dem Vater und Tochter nun wohnen, eins, | |
das knarrt und wispert. Nachts schleicht Talia darin herum, mal weil sie | |
schlafwandelt, mal weil sie Durst bekommt. Immer hat sie dann ihre etwas | |
seltsame blaue Taschenlampe dabei. Talia benutzt sie, um die Geister zu | |
verscheuchen – und ihre Angst. | |
Alle zentralen Motive im neuen [2][Dresdner „Tatort“], der eher ein | |
Psychothriller als ein klassischer Krimi ist, sind bekannt: das gruselige | |
Haus, das zu leben scheint und geradewegs einem | |
Edgar-Allan-Poe-Gothic-Roman entsprungen sein könnte. Tote Frauen mit | |
langen, strähnigen Haaren. Das eigenbrötlerische Kind, das wie in „The | |
Sixth Sense“ scheinbar übernatürliche Fähigkeiten hat. | |
Und doch ist „Parasomnia“ spannend wie lange schon kein „Tatort“ mehr u… | |
beweist, dass man für ein gutes Drehbuch das Rad nicht neu erfinden muss. | |
Es ist leicht, mit Talia zu fühlen, so sehr, dass viele Zuschauer*innen | |
versucht sein dürften, ihr in manchen Szenen wie in guten Horrorfilmen „Geh | |
da nicht rein, warum gehst du da rein“ zuzurufen. Dazwischen führen | |
Plot-Twists die Zuschauer*innen in die Irre. Drehbuchautor Erol Yesilkaya | |
(„Exit“, 2020) hat es geschafft, eine Handlung zu erfinden, die Erwartungen | |
der Zuschauer*innen wieder und wieder unterläuft und übertrifft. | |
Anders als in anderen „Tatort“-Folgen gibt es in „Parasomnia“ keine Sze… | |
die wirken, als müssten sie Leerstellen überbrücken, weil die | |
Kommissar*innen zum Beispiel immer wieder dabei zu sehen sind, wie sie | |
durch die Stadt fahren. Einzig wiederkehrendes Motiv ist das graue Haus, | |
dessen Anblick allein das Potenzial hat, den Zuschauer*innen Schauer | |
über den Rücken zu jagen. Grandios auch die Filmmusik (Thomas Mehlhorn), | |
die in solchen Szenen anschwillt wie mächtige Gewitterwolken und über der | |
angeknacksten Beziehung von Talia und ihrem Vater, dem Haus und den | |
Ermittlungen schwebt. | |
15 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Xenia Balzereit | |
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