Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- berliner szenen: Hier hält man Abstand
Ich brauche kein Robert-Koch-Institut, keinen Regierenden Bürgermeister und
keine Appelle von Angela Merkel. Die neuesten Entwicklungen der
Coronapandemie erfahren ich, bevor sie veröffentlicht werden. Denn ich
komme jeden Morgen an derselben Ecke in Neukölln mit dem Rad vorbei,
Brötchentüte am Lenker. Dort befindet sich mit die Praxis Katzenstein, eine
Corona-Teststation, die es zu überregionaler Bekanntheit gebracht hat.
Es gibt zwei Menschenschlangen, eine zur Anmeldung entlang der Spremberger,
die andere zum Testen am offenen Fenster entlang der Bürknerstraße. Als ich
selbst im Frühjahr zum Coronatest dort war, betrug die Wartezeit etwa 30
Sekunden. Mein Text war negativ, ich war beruhigt. Den Sommer über standen
dann so zwischen zehn und zwanzig Personen auf dem Bürgersteig, wenn ich
dort vorbeifuhr. Aber seit Anfang September wachsen die beiden Schlangen.
Erst waren es 20 Meter, dann 30, dann 40. Inzwischen ist fast die gesamte
kurze Spremberger von Wartenden bevölkert. Die eine Schlange hat die
Kreuzung erreicht, die andere reicht über das Ende der Straße hinaus.
Ich halte nicht an, nicht nur weil ich es morgens um halb neun ziemlich
eilig habe. Aber ich sehe: Es sind viele, sehr viele Junge unter den
Wartenden, mehrheitlich Männer, und soweit sich das beurteilen lässt, eher
ohne Migrationshintergrund. Einige machen einen angeschlagenen Eindruck,
selten kommt es vor, dass sich ein junger Mensch auf die Straße setzt. Seit
ein paar Tagen stehen dort auch Ältere. Ein dicker Mann mit Halbglatze fiel
mir auf. Eine Frau mit grauen langen Haaren. Man sieht ihre Gesichter
nicht, alle Wartenden tragen Masken. Sie halten Abstand, eher 2 als nur
1,50 Meter. Die Wartezeit beträgt, so ist zu hören, inzwischen über zwei
Stunden. Klaus Hillenbrand
13 Oct 2020
## AUTOREN
Klaus Hillenbrand
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.