# taz.de -- „Frauen-Fußball pushen“ | |
> Women*Team (XIX): Sportlerinnen bekommen weniger Aufmerksamkeit und Geld | |
> für ihre Leistungen als Männer. Hier kommen sie zu Wort. Jalila Dalaf hat | |
> sich mit sieben Jahren heimlich beim Fußball angemeldet. Nun könnte sie | |
> in der 1. Liga spielen, geht aber, wenn es am schönsten ist | |
Interview Moritz Klindworth | |
taz: Frau Dalaf, sie verzichten auf die Möglichkeit beim SV Meppen in der | |
Ersten Bundesliga zu spielen und sind jetzt beim 1. FC Sarstedt in der | |
Bezirksliga. Warum? | |
Jalila Dalaf: Frauenfußball spielt man, weil man es liebt und nicht wegen | |
des Geldes. Man verdient kaum etwas und der Aufwand ist extrem. Aus diesen | |
Gründen war klar: Ich werde mit meiner Profikarriere aufhören, wenn es am | |
schönsten ist. In meinem letzten Spiel für Meppen habe ich ein Tor und zwei | |
Torvorbereitungen gemacht. Wir haben 3:1 gewonnen und sind aufgestiegen. | |
Ich habe meinen Teil zum Aufstieg beigetragen. Jetzt freue ich mich auf den | |
1. FC Sarstedt. Da habe ich meine Jugend verbracht. Mit meiner | |
Profierfahrung möchte ich meinem Heimatverein weiterhelfen. | |
Wie sind Sie zum Fußball gekommen? | |
Ich habe mich heimlich bei einem Fußballverein gemeldet. Da war ich sieben. | |
Der VfB Peine war mehrere Kilometer entfernt und ich wusste nicht, wie ich | |
dahinkomme. Ich habe dann erzählt, ich würde an einer bestimmten | |
Straßenecke wohnen, weil meine Eltern das nicht wissen durften. Dann hab | |
ich da gewartet und wurde abgeholt. Ich war ganz gut und die haben alles | |
geklärt. Ich musste keinen Vereinsbeitrag zahlen oder Fußballschuhe kaufen. | |
Wie ist es rausgekommen? | |
Über die Zeitung. In der Altersklasse haben wir alles gewonnen. Mit 20:0, | |
weil ich so viele Tore geschossen habe. Als wir Einlaufkinder beim VFL | |
Wolfsburg waren, ist das Bild in der Zeitung erschienen. Mein Vater hat es | |
gesehen. Er war verärgert, dass ich es verheimlicht habe. | |
Warum konnten Sie es nicht einfach sagen? | |
Wir kommen aus Syrien. Da ist Fußball nicht so angesehen für Frauen. | |
Deshalb war es einfach kein Frauensport für meine Eltern, vorerst. | |
Aber sie haben es irgendwann akzeptiert? | |
Mein Bruder hat sich für mich eingesetzt. Meine Eltern waren dann der | |
Meinung, wenn ich den Sport liebe, soll ich weitermachen. Für sie war es | |
neu, dass ein Mädchen Fußball spielt. | |
Wie ist es denn in Syrien selbst? | |
Dort gibt es eine College-Auswahl, in der Frauen spielen. Dorthin wurde ich | |
eingeladen, als ich 14 Jahre alt war. Das haben meine Eltern aber nicht | |
zugelassen, weil es ihnen wegen des Bürgerkrieges zu heikel war. | |
Woher kam es, dass Sie Ihre Leidenschaft für den Sport gegen alle | |
Hindernisse durchgesetzt haben? | |
Ich hatte einfach einen Traum und Kinder lassen sich von ihren Träumen | |
nicht abbringen. Aus heutiger Sicht war das extrem selbstbewusst. Die Liebe | |
zum Fußball war viel größer als jede Angst. | |
Kann der Sport mehr Mädchen empowern? | |
Jede Sportart, die man macht, verleiht einem Selbstbewusstsein. Am Ende des | |
Tages sollte das von innen kommen, aber Sport hilft. | |
Sie sind 2019 nach Jena gewechselt. Wie war es für Sie, in der Ersten Liga | |
zu spielen? | |
Es war mein Traum, seitdem ich klein war. Ich habe es erst mit 26 Jahren | |
geschafft. Aber Hauptsache, man kommt an sein Ziel. | |
Was sagen Sie Leuten, die meinen, Frauen spielten von Natur aus schlechter | |
als Männer? | |
Die Männer gehen zweimal am Tag zum Training und haben dazwischen frei. Wir | |
gehen zum Training, zur Arbeit und dann wieder zum Training und bekommen | |
nicht mal ein halbes Prozent dessen, was Männer verdienen. | |
Wem machen Sie das zum Vorwurf? | |
Nichts gegen die Männer. Durch die Zuschauereinnahmen generieren sie sehr | |
viel Geld. Man müsste den Frauenfußball weiter pushen. Aber die Medien | |
bilden ihn kaum ab. | |
Liegt es nur an den Medien oder auch an der Attraktivität des Sports? | |
Es ist nicht so, dass Frauenfußball langweilig wäre. Die Männer spielen 90 | |
Minuten und 30 Minuten davon liegen sie auf dem Boden und heulen. Ich liebe | |
aber trotzdem den Männerfußball. Am meisten bewundere ich Cristiano | |
Ronaldo, weil er so diszipliniert ist. | |
21 Sep 2020 | |
## AUTOREN | |
Moritz Klindworth | |
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