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# taz.de -- heute in hamburg: „Es gab eine Vielzahl an Täter*innen“
Interview Regina Seibel
taz: Frau Grandke, in der Gedenkstätte Hannoverscher Bahnhof werden
regelmäßig Führungen angeboten. Wer besucht die?
Sarah Grandke: Es kommen Leute aus der Hafencity und Hamburg, aber auch
Tourist*innen. Ebenso haben wir Besuch von Angehörigen, Nachkommen und
wenigen Überlebenden aus allen Teilen der Welt. Da erhält man einen ganz
persönlichen Eindruck. Am letzten Wochenende hatte ich Besuch von einem
Nachkommen einer Person, die über den Hannoverschen Bahnhof nach Minsk
deportiert wurde.
Hören Sie auch kritische Stimmen?
Natürlich gibt es auch Kritik, zum Beispiel daran, wie ein Ort gestaltet
ist oder welchen Gruppen gedacht wird und welchen nicht. Das ist aber nicht
schlecht: Ich finde es toll, wenn die ganze Gruppe über so ein Thema
diskutieren kann. Persönlich habe ich es noch nicht erlebt, dass jemand
gesagt hätte, man bräuchte solche Orte nicht oder sie wären übertrieben.
Welche Rolle hat Hamburg in der NS-Zeit gespielt?
Am Hannoverschen Bahnhof sind Jüd*innen, Sinti und Roma deportiert worden,
aber auch andere NS-Verbrechen lassen sich hier exemplarisch für ganz
Deutschland nachweisen. Die Mehrheitsbevölkerung war involviert und hat zum
Teil weggeschaut oder Dinge befeuert. Es gab eine Vielzahl an Täter*innen
aus Hamburg, auch Polizist*innen und andere Leute, die man normalerweise in
der Öffentlichkeit nicht als Nazi-Täter*innen wahrnimmt.
Wie liefen die Deportationen am Hannoverschen Bahnhof ab?
Das war je nach Zeitpunkt und je nach Gruppe verschieden. Es gab über 20
große Deportationen, wo bis zu 1.000 Menschen in Zügen untergebracht und
beispielsweise nach Theresienstadt oder Riga deportiert wurden. Die mussten
sich zuerst an der Moorweide treffen und wurden dann zum Bahnhof gebracht.
Die späteren Deportationen waren kleiner: Das waren 20 bis 50 Leute.
Teilweise können wir Einzeltransporte nachweisen.
Was ist Ihnen an Ihren Führungen besonders wichtig?
Neben den Schicksalen der Verfolgten wollen wir die aller Beteiligten
beleuchten. Ebenso ist es wichtig, über die Zielorte, Konzentrations- und
Arbeitslager oder Ghettos, zu sprechen, denn sie waren sehr
unterschiedlich: Von ihnen hing ab, ob es überhaupt eine Überlebenschance
für die Deportierten gab.
23 Sep 2020
## AUTOREN
Regina Seibel
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