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# taz.de -- Villa mit Betreuungsbedarf
> Seit acht Jahren steht eine städtische Gründerzeitvilla in Hausbruch
> leer. Kürzlich hat sie gebrannt. Doch bald könnte dort eine Wohngruppe
> für Menschen mit Behinderung einziehen
Bild: Seit Jahren passiert hier nichts: Der Jägerhof
Von Darijana Hahn
Von vorn ist der Jägerhof in Hausbruch nur aus einiger Entfernung zu sehen.
Mit großem Abstand zum Ehestorfer Heuweg steht die schlichte zweistöckige
Gründerzeitvilla inmitten eines weitläufigen, mit großen Eichen bestandenen
Geländes. Die Rückseite liegt näher am öffentlichen Waldweg. Und sie
offenbart das Schicksal des stattlichen Baus: Im Dach klafft eine riesige
Lücke, verursacht durch einen Brand Anfang August.
Die Fenster waren bereits lange vor dem Brand zugenagelt. Schilder weisen
darauf hin, dass das Grundstück per Video überwacht werde. Seit acht Jahren
steht das geschichtsträchtige Gebäude leer. Eigentümer ist die Stadt. Dem
Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen ist es bislang nicht
gelungen, eine geeignete Nutzung zu finden.
„Im Bezirk war man sich immer einig, dass das Gebäude sozial und kulturell
genutzt werden soll“, sagt Ralf-Dieter Fischer, CDU-Fraktionsvorsitzender
in der Bezirksversammlung Harburg, der einst selbst dort geheiratet hat. Es
sei aber „bisher nichts recht passiert“, weil „man den höchsten Gewinn
erzielen“ wolle. Nur so könne er sich erklären, dass die benachbarte
Waldorfschule Ende 2017 nach vier Jahre dauernden Verhandlungen davon
Abstand genommen habe, sich in dem Gebäude mit dem großen Außengelände zu
erweitern.
Dabei würde ein etwaiger Investor, der einen viel höheren Kaufpreis bieten
könnte, laut dem CDU-Politiker „überhaupt nicht in den Stadtteil passen“.
Denn die Villa stehe schließlich am Anfang eines Naturschutzgebietes, am
Fuße der Harburger Berge.
Errichtet wurde sie 1876 als Hotel „Alter Jägerhof“. Nachdem das Ortsamt
1979 ausgezogen war, gründete die Künstlerin Dörthe Ellerbrock dort das
„Kulturhaus Süderelbe“. Über 30 Jahre bot sie an dem malerischen Ort Kurse
wie Zeichnen, Tanz und Literatur an. 2012 kam das Ende, als das Kulturhaus
Süderelbe in das neu gebaute „Begegnungs- und Gemeinschaftszentrum
Süderelbe“ in Neugraben umziehen musste.
Auch wenn Ellerbrock den Umzug in das belebtere Zentrum von Neugraben
richtig fand, hätte sie doch gern die Wurzeln im Ehestorfer Heuweg
erhalten. Dass das nicht möglich war, kann sie sich nur mit fehlendem
politischem Interesse erklären. „Es war und ist ein Kleinod“, sagt
Ellerbrock, der es in der Seele wehtut, dass dieser einst so lebendige Ort
schon so lange leer steht und zum Ziel von Vandalismus geworden ist.
„Es war nur eine Frage der Zeit, dass hier was passiert“, sagt Thomas
Soltau, der direkt neben dem einstigen Kulturhaus wohnt und dort das
„Landgasthaus Jägerhof“ betreibt. Es habe in den Jahren des Leerstands
immer wieder Einbrüche gegeben. Auch in der Brandnacht hatte er Bewegung
auf dem Nachbargrundstück bemerkt. Trotz der angeblichen Videoüberwachung
und trotz des Wachdienstes, für den die Finanzbehörde laut einer Antwort
auf eine AfD-Anfrage in der Bezirksversammlung allein bis 2018 über 11.000
Euro bezahlt hatte.
Doch womöglich hat die jahrelange Hängepartie für die Villa trotz des
Brandes bald ein Ende. Auf Anfrage der taz sagt der Pressesprecher der
Finanzbehörde Claas Ricker: „Es ist weiterhin geplant, das Gebäude für
soziale Zwecke zu vergeben.“ Aufgrund der besonderen Lage würde die
Sozialbehörde „eine Nutzung zur Betreuung von Menschen mit besonderem
Betreuungsaufwand“ erwägen. Dafür soll, so Ricker, „das Gebäude mit sein…
Nebengebäuden von der Sprinkenhof GmbH angekauft, saniert und an den Verein
Leben mit Behinderung vermietet werden“. Ein Verkauf von der Stadt an eine
100-prozentige Tochter der Stadt – das hätte man auch ein paar Jahre früher
haben können.
31 Aug 2020
## AUTOREN
Darijana Hahn
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