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# taz.de -- Das Orakel ist sehr unglücklich
> Ein wenig wie das Setting eines Fantasyfilms ist Dream World auf einem
> Open-Air-Gelände gebaut. Hygieneregeln sind Teil der Challenge und eines
> Albtraums, der Wirklichkeit ist
Bild: Ein geheimnisvoller Ort, der gleich wieder verschwinden könnte: The Fore…
Von Annina Bachmeier
Hinter dem Ernst-Tählmann-Park, versteckt zwischen Gebüschen, Zuggleisen,
einem Skaterpark und ein paar schiefen Bauzäunen, liegt die „Dream World“,
eine Kunstinstallation mit interaktivem Theater unter freiem Himmel, die
von Stevie Southard, Annette Lüür, Pablo Villalba und Alex Cuthbertson ins
Leben gerufen wurde.
Will man die „Dream World“ besuchen, kann man das nur in kleinen Gruppen
bis maximal sieben Leuten tun. Vor der Installation wartet eine müde
aussehenden Krankenschwester in einem mit Kunstblut verschmierten Kittel,
die (auf Englisch, das ist die Sprache in „Dream World“) darauf hinweist,
dass man nur eintreten kann, wenn man sich Mund und Nase mit einer Maske
bedeckt – um Gesichtserkennung vorzubeugen und die „Dream World“ vor
unerwünschten Eindringlingen zu schützen. Mit Maske wird man von einer
Wächterin, durch eine unscheinbare kleine Lücke im Zaun in die „Dream
World“ geführt.
Die „Dream World“ solle bei Besucher*innen das Gefühl auslösen, „dass s…
gerade aus einem dieser seltsamen, mächtigen Träume aufgewacht sind, die
nicht ganz zu begreifen sind, die aber dennoch ihre innere Verfassung für
immer verändert haben; ein Traum, der zu einer Art tiefer psychologischer
Katharsis geführt hat, von der sie nicht einmal wussten, dass ihr
Unterbewusstsein sie so dringend braucht“, erklärt Art Direktorin Stevie
Southard. Nach dem Motiv der Suche, die aus Büchern und Fantasyfilmen
bekannt ist, ist der Besuch in der „Dream World“ als eine Reise konzipiert:
Die Gruppe trifft auf die unterschiedlichsten Wesen, bei denen man nicht
genau weiß, welche Absichten sie verfolgen, und muss Proben bestehen, damit
am Ende jede*r das eigene „Dreamling-Being“ findet und damit die Fähigkeit
erlangt, sich selbst in die Möglichkeit einer utopischen und besseren Welt
hineinzuträumen.
Das Innere der „Dream World“ sieht aus wie eine Mischung aus
Abenteuerspielplatz und einer Fantasiewelt, die unerkannt bleiben will und
sich deshalb auf einem Schrottplatz versteckt hat. Überall stehen seltsame
glitzernde Gebilde und windschiefe Gebäude, die den Anschein erwecken, als
könnten sie im nächsten Augenblick in sich zusammenfallen und die „Dream
World“, die an einem solchen Ort ganz unerwartet ist, einfach verschwinden
lassen.
Begleitet wird die Gruppe auf der Suche nach dem „Dreamling Being“ von
einer geschäftigen Hostess in kurzem blauen Minikleid, hochhackigen
schwarzen Schuhen und einer durchsichtigen Plastikmaske. Auf dem Weg kommt
man zum Beispiel an einem Orakel vorbei, das wegen seiner Allwissenheit
sehr unglücklich ist, angekettet zwischen vergoldeten Gegenständen auf
einem Dach haust und klagende Schreie ausstößt. Oder an der Mutter Erde,
einem gehörnten Wesen, das auf einem mit Waldblumen bewachsenen Hügel lebt,
Besucher*innen zu mehr Rücksicht auf die Natur ermahnt und ihnen
Pflanzensamen und kleine Zettel mit Gedichten schenkt.
Das Projekt „Dream World“ entstand 2019. In diesem Jahr wolle es ein
Zeichen dafür setzen, dass Kunst und Kultur auch in Coronazeiten
Systemrelevanz hätten, erklärt Pressesprecherin Annette Lüür.
Künstler*innen sollen auch in schwierigen Zeit eine Plattform haben und mit
dem Format Denkanstöße für eine mögliche Welt nach Corona geben können.
Die Corona-Hygieneregeln wurden dabei mit ins Programm integriert: Auch in
der „Dream World“ gelten Maskenpflicht und Abstandsregeln. Außerdem findet
die „Dream World“ in diesem Jahr im Freien statt und nicht wie 2019 in dem
Gebäude einer ehemaligen Autowerkstatt und Tankstelle. Dies sei einerseits
herausfordernd gewesen, weil sich stilechte Traumwelten eigentlich besser
in dunklen geschlossenen Räumen machen, habe andererseits aber auch neue
Gestaltungsmöglichkeiten für die über 50 Menschen aus verschiedensten Kunst
und Theaterrichtungen gegeben, die in diesem Jahr an der „Dream World“
mitgearbeitet haben, so Annette Lüür.
Wenn Besucher*innen am Ende der etwa 100 Minuten langen Reise ihr eigenes
„Dreamling Being“ gefunden haben, stellt sich eine unerwartete emotionale
und körperliche Erschöpfung ein, an der man bemerkt, dass partizipatives
Theater eine sehr viel eindringlichere und mitreißendere Wirkung hat als
bloßes Zuschauen. Wenn man Veränderung will, braucht man zuallererst einen
Traum, das zeigt „Dream World“ eindrucksvoll. Andererseits bergen Träume
auch immer ein Risiko, sich in ihnen zu verlieren und dabei die Realität
aus den Augen zu verlieren. Wenn sich etwas verändern soll, reicht es
deshalb auch für Kunst und Kultur nicht aus, nur Traumwelten zu bauen und
auf das Beste zu hoffen.
Tickets für Dream World können noch bis zum 4. September unter
[1][www.dreamworld.space] gebucht werden.
31 Jul 2020
## LINKS
[1] http://www.dreamworld.space
## AUTOREN
Annina Bachmeier
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