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# taz.de -- corona in hamburg: „Kinder nicht doppelt belasten“
Interview Moritz Klindworth
taz: Frau Boeddinghaus, ist es fair einigen SchülerInnen ihren Sommerurlaub
zu rauben?
Sabine Boeddinghaus: Ich habe mit einem Antrag in der Bürgerschaft dafür
plädiert, dass man vonseiten der Behörden dafür sorgen muss, dass alle
Kinder in den Genuss schöner Ferien kommen. Da hätte man
ressortübergreifend ein schönes Konzept entwickeln können, um Kindern, die
das von zu Hause aus nicht bekommen, wirklich gute Angebote machen zu
können. Die Schüler müssen jetzt durchatmen. Man lernt nicht nur mit Stift
und Buch. Alle Studien zeigen, dass Lernen außerhalb der Schule viel
wirkungsvoller und nachhaltiger ist. Ja, ich finde es ungerecht, dass die
Behörde den Schulen die Aufgabe auflastet und bestimmten Kindern sagt: Sie
sollten jetzt Stoff nachholen, damit sie das für das kommende Schuljahr
wieder draufgesattelt haben.
Kann es sein, dass einige SchülerInnen Nachteile im folgenden Jahr haben,
weil sie weniger Ferien haben?
Das weiß ich nicht. Das kommt auf die Lebenssituation der Kinder an. Das
hängt ja nicht von der Lebensgestaltung einer einzigen Sommerperiode ab.
Wir haben ein Drittel der Kinder, die in Verhältnissen wohnen, wo sie
besondere Unterstützung und Zuwendung brauchen. Was nicht sein kann, ist,
dass das neue Schuljahr startet und erwartet wird, dass die Kinder die
Lernrückstände, die durch Corona entstanden sind, durch die Hamburger
Lernferien aufholen. Die Auswirkungen von Corona werden das neue Schuljahr
prägen.
Wie ungleich sind die Voraussetzungen?
Die sind immer ungleich, durch die Home-Schooling-Situation hat sich die
Ungleichheit aber noch drastisch verschärft. Das muss jetzt aufgearbeitet
werden. Pädagogisch muss man da ein bisschen Grips reinstecken, dass man
verhindert, dass die Kinder nicht doppelt belastet werden. Man muss man
immer daran arbeiten, dass Inklusion allen Kindern in der Schule zu Gute
kommt.
Wer genau wird jetzt die Kinder unterrichten?
Noch hat die Behörde uns darüber keine Erkenntnisse gegeben. Wir hatten
eine Schulausschusssitzung zwei Tage vor Ferienbeginn, da hatte die Behörde
keine Orientierung. Aber wer soll das sein? Das werden Lehramtsstudenten,
Rentnerinnen und Rentner und Menschen sein, die sich in den Sommerferien
etwas dazuverdienen wollen. In der Regel werden das keine Lehrkräfte sein,
da die auch ihren Urlaub brauchen.
Werden die Lehrkräfte denn ausreichend geschult sein?
Das wird ein buntes Potpourri sein. Das werden wir auswerten müssen, da
spekuliere ich jetzt nicht drüber. Grundsätzlich ist das nicht die richtige
Idee. Von daher ist das auch ein Indiz dafür, dass das kein schlüssiges
Konzept ist.
Wurde denn überhaupt sichergestellt, dass die Eltern von diesem Lehrangebot
erfahren haben?
Sicher nicht. Es war auf jeden Fall ein enormer organisatorischer Aufwand,
den die Schulen zehn Tage vor Ferienbeginn auf den Tisch bekommen haben und
ich kann mir nicht vorstellen, dass da Sinnvolles entstehen kann.
14 Jul 2020
## AUTOREN
Moritz Klindworth
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