# taz.de -- Literatur über Bord | |
> Kulturell bald leider nicht mehr ernst zu nehmen: der NDR | |
Wahrscheinlich muss man sich das alles systemimmanent erklären. Innerhalb | |
der ARD-Anstalten hat der NDR genau ein Ass im Ärmel, das dem Sender | |
Gewicht verleiht – das sie dafür aber auch state of the art halten müssen: | |
die in Hamburg produzierten Nachrichtenformate „Tagesschau“ und | |
„Tagesthemen“ nämlich. Also wird daran, wenn, wie jetzt, massiv Geld | |
eingespart werden muss, zuletzt gerüttelt – selbst wenn dafür alles andere, | |
was nicht niet- und nagelfest ist (um es norddeutsch zu formulieren), über | |
Bord geworfen werden muss. | |
Zum Beispiel das „Bücherjournal“. Die Literatursendung steht beim NDR auf | |
der Streichliste. Dagegen regt sich Protest. Der Rowohlt-Verleger, der | |
Hanser-Verleger, viele prominente AutorInnen, der PEN-Club, sie alle | |
schreiben in einem offenen Brief von ihrem „Entsetzen“. Doch, nun ja, wenn | |
man den NDR-Managern mit ihrem Bildungsauftrag kommt, setzen sie halt nach | |
außen ihr betroffenes Gesicht auf und lassen das innerlich an sich | |
abperlen. Und den Imageverlust werden sie in die Entscheidung eingepreist | |
haben. Schließlich folgt sie auch hanseatischer Tradition. Kunst und Kultur | |
hatten zwischen Elbe und Alster schon immer einen schweren Stand; sie | |
machen halt keinen Umsatz, so wie der Hafen. | |
Aber fragen darf man doch mal: Die so stolze Freie und Hansestadt Hamburg | |
hat ein schickes Literaturhaus und ein Harbour Front Literaturfestival, ein | |
renommiertes Schauspielhaus und, wie man hört, auch einen ganz fitten | |
Kultursenator, aber es hat bald eben auch einen Fernsehsender, der | |
kulturell endgültig nicht mehr ernst zu nehmen ist. Ist das nicht einfach | |
auch peinlich? (drk) | |
16 May 2020 | |
## AUTOREN | |
Dirk Knipphals | |
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