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# taz.de -- Gemischte Erkenntnis
> Das virtuelle Theatertreffen widmete sich in Onlinepanels dem Theater im
> digitalen Raum
Von Torben Ibs
Das Theatertreffen ist dieses Jahr komplett digital. Immerhin sechs der
zehn eingeladenen Inszenierungen wurden als Streams gezeigt und mit
Onlineeinführungen und Videonachgesprächen begleitet. Auch das
Rahmenprogramm wurde digital. In drei Panels tauschten sich unter dem Thema
„Unboxing Stages“ sechs Theatermacherinnen und zwölf Theatermacher aus
festen Häusern und der freien Szene über Chancen, Möglichkeiten und
Unmöglichkeiten von digitalem Theater und Theater im digitalen Zeitalter
aus. Jeweils 200 Zuschauende, die auf Twitter ihre Fragen stellen konnten,
lassen auf ein reges Interesse der Community schließen.
Immer wieder ging es um das Streamen von Theater, also das Zeigen von
Inszenierungen aus der Konserve. Gerade Regietreibende hatte hier
Bauchschmerzen wegen des inhärenten Kontrollverlusts über das Bild. Hinzu
kommt, dass im Fall des Theatertreffens meist nur Dokumentationsaufnahmen
von Proben vorlagen, was Alexander Giesche, der vom Schauspielhaus Zürich
mit einem visuellen Poem nach Max Frisch eingeladen war, dazu brachte, sein
Stück in diesem Format lieber gar nicht zu präsentieren. Solche
Aufzeichnungen, so der Tenor, hätten allenfalls einen Informationsgehalt,
könnten aber nicht das sinnliche Erleben im Theaterraum, die Ko-Präsenz von
Publikum und Spielenden oder die kleinen Alltagsrituale des Theaters
ersetzen. „Streamen ist wie Plastikblumen“, so Regisseurin Anne Lenk, die
mit „Der Menschenfeind“ eingeladen war. Dabei können begleitende Chats zu
Streams durchaus eine eigene Qualität entwickeln, betonte der Journalist
Christian Rakow.
Doch hat die Fusion von Theater und Digitalität überhaupt eine Zukunft bzw.
eine Gegenwart? Angesichts des Standpunktes, die Theater ständen hier noch
ganz am Anfang, platzte mindestens Christian Römer der Kragen. Er ist
Mitorganisator der Konferenz „Theater im Netz“ und beklagte, dass sich der
Diskurs seit 2014 offenbar nicht viel bewegt hätte. So brachen die
erwartbaren Fronten ein weiteres Mal auf: Digital Natives versus die
Nichtversteher, Digitales versus Analoges, Live versus Vorproduziertes.
Neuland betraten die Diskutierenden dort, wo diese dichotomischen
Schablonen überwunden und die „gegenseitige Durchdringung von digitaler und
analoger Welt“ (Christiane Hütter) produktiv in den Blick genommen werden
konnte. Eine Voraussetzung von gelungenen Onlineformaten ist die gelungene
Interaktion zwischen Spielenden und Teilnehmenden, die freilich gesteuert
vonstattengehen muss. Hier zeigt sich, dass die gewünschte Verschränkung in
der gegenwärtigen Situation gar nicht so einfach ist. Im Theaterraum mit
seiner kontrollierten Umgebung wäre es etwa viel leichter, Experimente mit
Virtual oder Augmented Reality durchzuführen, als aktuell, denn so Björn
Lengers von den CyberRäubern: „Wir müssen jetzt mit den Devices arbeiten,
die die Leute haben.“ Dazu gehören Smartphones und Tablets, aber selten
VR-Brillen.
Vollkommen ungeklärt blieb die Abgrenzung zu anderen Kunstformen im
digitalen Raum, also eine Definition dessen, was Theater im Internet
eigentlich wäre. Am Ende stand die Erkenntnis, dass die Theaterleute die
durch Corona zwangsgeschenkte Zeit für Experimente und Forschung nutzen
sollten, dann wird das was mit dem neuen Theater. Schon jetzt, so meldet es
die Akademie für Digitalität und Theater, angesiedelt am Theater Dortmund,
nehmen die Anfragen deutlich zu. Es bewegt sich also was auf den digitalen
Brettern der Welt.
9 May 2020
## AUTOREN
Torben Ibs
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