# taz.de -- taz🐾thema: In Zeitlupedurch den Wald | |
> In Zeiten von Social Distancing können soziale Beziehungen zur Natur | |
> Kraft und Zuversicht spenden – zum Beispiel beim Waldbaden | |
„Ich wundere mich, wie anders die Luft hier schmeckt“, sagt Elena. „Ich | |
habe den Ameisen zugeschaut“, so Katrin. Und das junge Pärchen aus | |
Kreuzberg hat die Baumwipfel betrachtet und „eine ganz neue Perspektive | |
entdeckt“. Sie alle gehören zu einer kleinen Gruppe, die mit der Berliner | |
Naturtherapeutin Lia Braun (www.naturspirale.de) im Düppeler Forst eine | |
Einführung ins Waldbaden macht. Es beginnt mit dem angeleiteten Ankommen im | |
Stehen, Sitzen oder Liegen. Die Sinne werden sensibilisiert, der Geist | |
beruhigt sich. Nach 15 Minuten teilen sie ihre Wahrnehmungen miteinander. | |
Im Anschluss treten die Teilnehmer mit der Natur in Verbindung. Sie | |
beobachten, was sich um sie herum bewegt, wie sich Berührungen anfühlen – | |
einige ziehen die Schuhe aus, um Laub, Erde und Wurzeln intensiver zu | |
spüren. Sie schleichen langsam durchs Gestrüpp und strömen aus, um mit | |
einem Baum zu sitzen. Nach jedem Erkunden fragt Braun: „Was nimmst du jetzt | |
wahr?“ Im Abschlusskreis gibt es Tee aus Pflanzen, die der Wald hergibt: | |
Brombeer-, Birken- und Lindenblätter. | |
Die beschriebene Einführung fand in der Zeit vor Corona statt, aktuell | |
bietet Braun keine Gruppentermine an. Doch auch die Waldbade-Szene ist | |
dabei, Alternativen zu entwickeln, etwa durch Online-Angebote. „Besonders | |
in Zeiten erhöhten Stresses kann das regelmäßige Innehalten und Wahrnehmen | |
der leuchtend grünen Blätter, der ersten Blüten und des Gesangs der Vögel | |
dazu beitragen, zur Ruhe zu kommen und unser körperliches, geistiges und | |
seelisches Gleichgewicht zu erhalten“, so Braun. | |
Forschungsergebnisse legen nahe, dass die Waldtherapie das Nervensystem | |
beruhigt und Stress abbaut. „Es gibt keine allgemeingültige Definition, die | |
Disziplin steckt noch in den Kinderschuhen“, erläutert Waldtherapeut Martin | |
Kiem, der wie Braun von der Association of Nature and Forest Therapy mit | |
Sitz in Kalifornien ausgebildet wurde. Unterschiedliche Schulen vermitteln | |
verschiedene Herangehensweisen. „Wir bewegen uns sehr langsam, legen in | |
drei Stunden maximal einen Kilometer zurück“, so Kiem. „Je langsamer man | |
unterwegs ist, desto mehr nimmt man wahr.“ Es gehe darum, vom Denken weg | |
und hin zum Fühlen zu gelangen. „Die wichtigsten Instrumente dafür sind | |
unsere Sinne.“ Ein Wald sei übrigens nicht nötig, so Kiem: „Waldbaden kann | |
man auch im Stadtpark, im Garten oder auf dem Balkon.“ Katja-Barbara Heine | |
Wald tut gut! von Martin Kiem und Karin Greiner beschreibt, warum der Wald | |
eine Kraftquelle ist und wie man diese nutzt. AT Verlag, 25 € | |
Waldbaden – das kleine Übungshandbuch für den Wald von Ulli Feber enthält | |
praktische Übungen und passt in die Hosentasche. Schirner Verlag, 6,95 € | |
4 Apr 2020 | |
## AUTOREN | |
Katja-Barbara Heine | |
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