| # taz.de -- nord🐾thema: Ein Leben nach der Insolvenz | |
| > Berufliche Rehabilitation Arbeitssuchender in Hamburg wurde | |
| > umstrukturiert | |
| Von Yasemin Fusco | |
| Arbeitslosen, die nach einer längeren Krankheit nicht wieder in ihren Beruf | |
| zurückkehren können und sich deshalb neu qualifizieren mussten, stand das | |
| Hamburger Berufsbildungswerk (BfW) über ein halbes Jahrhundert lang | |
| beratend zur Seite. Das BfW war bis zur [1][Insolvenz 2013] für die | |
| berufliche Rehabilitation und Qualifizierung von Menschen zuständig, die | |
| beispielsweise mit neurologischen Erkrankungen schwer auf dem Arbeitsmarkt | |
| vermittelt werden konnten. Kostenträger für Umschulungen nach einem Unfall | |
| oder schwerer Krankheit waren etwa die Renten-, die Unfallversicherung oder | |
| das Jobcenter. | |
| Doch konkurrierende Unternehmen und wenige durch die Kostenträger | |
| genehmigte Reha-Maßnahmen verursachten eine Überschuldung des BfW. Nachdem | |
| der wirtschaftliche Druck auf das BfW zu groß und im Rahmen der Insolvenz | |
| etwa die Hälfte der damals 300 Beschäftigten gekündigt wurde, strukturierte | |
| die Stadt Hamburg das BfW 2015 zur Holdingsgesellschaft Perspektiv-Kontor | |
| (Pepko) um. Zu Pepko gehören neben dem BfW seitdem drei weitere | |
| Unternehmen, die Menschen dabei unterstützen, ihren Weg zurück in eine | |
| Beschäftigung zu finden. Doch auch diese Sanierungsmaßnahmen halfen nichts: | |
| Allein das BfW machte Verluste zwischen 300.000 und 2,6 Millionen Euro in | |
| den auf 2015 folgenden Jahren. | |
| Die Angst vor einer möglichen Privatisierung des ehemals zu 100 Prozent der | |
| Stadt Hamburg gehörenden Unternehmens war groß. Die Linke in der | |
| Hamburgischen Bürgerschaft und Vertreter*innen der Gewerkschaft Ver.di | |
| fürchteten nach der Privatisierung ein Wegfallen der Tarifbindung für die | |
| Beschäftigten des Perspektiv-Kontors, den Verlust von weiteren | |
| Arbeitsplätzen und damit einhergehenden Verschlechterung des | |
| Bildungsangebots für die Kund*innen. | |
| ## Die Angst der Beschäftigten vor einer Privatisierung war groß | |
| Im Februar 2019 machte sich die Stadt Hamburg auf die Suche nach einem | |
| wirtschaftlich starken Käufer. Für die zuständige Hamburger Sozialbehörde | |
| hing der Verkauf des Pepko-Konzerns auch von der Frage ab, welches | |
| Fortführungskonzept vom potenziellen Käufer vorgelegt wurde. „Das | |
| handlungsleitende Ziel des Senats war ein bestmöglicher Erhalt sowohl von | |
| Angebot als auch von Arbeitsplätzen“, sagt der Sprecher der Sozialbehörde, | |
| Martin Helfrich. Dies könne nur gelingen, indem eine belastbare | |
| Zukunftsperspektive bestehe. | |
| Die hat das Perspektiv-Kontor nun in Form von zwei neuen Gesellschaftern | |
| bekommen, die im Bereich der beruflichen Rehabilitation erfahren sind: Neue | |
| Gesellschafter sind mit 85 Prozent Anteilen der gemeinnützige Verein des | |
| Christlichen Jugenddorfwerk (CjD) und mit 15 Prozent das Hamburger | |
| IT-Beraterunternehmen akquinet health service GmbH (akq). Das CjD ist einer | |
| der führenden Anbieter in der beruflichen Rehabilitation mit 10.000 | |
| Mitarbeiter*innen aus über 300 Standorten im gesamten Bundesgebiet. | |
| Gemeinsames Ziel der beiden Gesellschafter ist es, die individuelle und | |
| umfassende Begleitung der Kund*innen durch Medizin, Reha-Sport, | |
| Psychologie, Sozialberatung und Integrationsmanagement des | |
| Perspektiv-Kontors weiterzuentwickeln. „Das Engagement des CJD und der akq | |
| ist auf Dauer angelegt“, sagt Inka Bihler-Schwarz, Sprecherin vom CjD. | |
| „Dem CjD fehlt das Know-how in der beruflichen Rehabilitation für | |
| Erwachsene“, widerspricht Carola Ensslen, arbeitsmarktpolitische Sprecherin | |
| der Linken-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft. Akquinet spiele für | |
| die Reha keine sehr große Rolle. „Sie sind nur im Bereich von | |
| IT-Qualifizierungen unterwegs, dort aber auch für Menschen mit | |
| Behinderungen“, sagt Ensslen. „Insgesamt hätte es schlimmer kommen können… | |
| glaubt sie. Als Hauptgesellschafterin sei das Christliche Jugenddorfwerk | |
| „immerhin“ eine gemeinnützige Organisation. | |
| Dass die Stadt Hamburg dennoch einen wichtigen Bereich der Daseinsvorsorge | |
| aus der Hand gegeben hat, gehe „im Zweifel zu Lasten der Sicherstellung der | |
| Versorgung der Betroffenen mit Reha-Angeboten im norddeutschen Raum“, | |
| resümiert Ensslen. Und auch der Kostendruck durch zunehmende | |
| Ausschreibungen in der beruflichen Rehabilitation würden bleiben. | |
| 14 Mar 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Yasemin Fusco | |
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