# taz.de -- Im Regen stehen Frauen | |
> Ein Großteil der unbezahlten Pflegearbeit wird von Frauen übernommen. | |
> Auch darüber hinaus fallen Bremer*innen bei der „aktiven Mittagspause“ | |
> genug Gründe ein, zu protestieren | |
Bild: „Aktive Mittagspause“ der Frauen vor der Demo am Sonntag | |
Von Lotta Drügemöller | |
Der „Frauenstreik“ steht im Jahr 2020 in Bremen unter dem Schwerpunktthema | |
„Pflege“. Das liegt daran, dass der Internationale Frauentag dieses Jahr | |
auf einen Sonntag fällt – und Arbeitnehmer*innen in diesem klassischen | |
Frauenberuf sonntags arbeiten müssen. Aber ach, nicht mal richtig streiken | |
lässt es sich als Pflegekraft – wenn eine Patientin Medikamente braucht, | |
wenn Katheter gelegt werden müssen oder ein Pflegebedürftiger gewendet | |
werden soll, wie kann man da den Arbeitsplatz verlassen? | |
So sollten in Bremen die Stimmen der Pflegenden für die Demo am Sonntag | |
vorab eingefangen werden – in einer „aktiven Mittagspause“ vor dem Klinik… | |
Links der Weser. Doch nicht einmal das funktionierte: Laut Betriebsrat | |
konnte man die Mittagspause beim Arbeitgeber nur als | |
Teilbetriebsversammlung anmelden. Die allerdings hätte keine Öffentlichkeit | |
erlaubt – doch der Aktionspartner, das Frauen*streikbündnis, hatte die | |
Aktion bereits mit Plakaten beworben. | |
„Hätte die Direktion das mitgetragen, hätten wir gerne trotzdem | |
teilgenommen“, so der Betriebsratsvorsitzende Roland Fabian. Das war | |
offenbar nicht der Fall: Man musste kurzfristig absagen. | |
Stattdessen also wird am Freitagmittag vor dem Rathaus demonstriert. Wer | |
zwangsläufig fehlt, das sind die Pflegekräfte. „Die Aktion scheint einen | |
Nerv getroffen zu haben, wenn eine Veranstaltung bei Suppe und Tee von der | |
Betriebsleitung aufgekündigt wird“, so Jolene Möller vom | |
Frauen*streikbündnis. | |
Gekommen sind anstelle der Pflegenden gut 20 Frauen des Feministischen | |
Frauen*streikbündnisses und ein paar solidarische Männer. Es regnet | |
ausdauernd, so fällt der angekündigte Sitzstreik flach. Genug zu | |
protestieren gibt es trotzdem. | |
Schließlich geht es den Demonstrierenden nicht nur um bezahlte Pflegearbeit | |
samt Fachkräftemangel und Überarbeitung. Es geht auch um private | |
Care-Arbeit zu Hause. In Deutschland verwenden Frauen laut dem | |
Gleichstellungsbericht der Bundesregierung täglich durchschnittlich 87 | |
Minuten mehr für unbezahlte Sorgearbeit als Männer. | |
Wer so viel ohne Gehalt arbeitet, hat weniger Zeit für Lohnarbeit. Das | |
bestätigen Zahlen, die die Bremer Arbeitnehmerkammer zum Weltfrauentag | |
verbreitet: Erstmals, so heißt es, arbeiteten mehr Frauen in Teilzeit als | |
in Vollzeit. Und in keinem Bundesland sei der Anteil an erwerbstätigen | |
Frauen so gering wie in Bremen. Die Kammer empfiehlt den Ausbau der | |
Kinderbetreuung: Nur 38,8 Prozent der Bremer Drei- bis Sechsjährigen hatten | |
im März 2019 einen Ganztagsplatz in einer Kita. | |
Charlotte Heidebrecht kämpft mit einem Transparent, das der Wind vom Zelt | |
gerissen hat. Sie ist seit November beim Frauen*streikbündnis, ihr gefällt, | |
dass nur Frauen, Intersexuelle und Nonbinäre planen durften. „Wenn Männer | |
dabei sind, ist der Redeanteil von Frauen ganz schnell ganz weit unten“, | |
erklärt sie. Gut findet sie auch, dass es mit der Planung für den 8. März | |
ein klares Ziel gibt. „Wir wollen nicht gleich die ganze Welt retten“, sagt | |
die junge Frau. | |
Wobei: So richtig unter „Weltrettung“ macht der Frauenprotest es nicht. | |
Plakate weisen auf Klimawandel hin, gesprochen wird über Armut, Bleiberecht | |
für Geflüchtete, Rassismus. „Es hängt alles zusammen“, erklärt Heidebre… | |
Gesammelt wurden die Themen über die offene Frage: Was ist dein Streik? | |
„Und da“, so Möller, „sind Lebensrealitäten eben unterschiedlich betrof… | |
von Kapitalismus und Patriarchat.“ | |
7 Mar 2020 | |
## AUTOREN | |
Lotta Drügemöller | |
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