# taz.de -- Vielversprechende künstlerische Positionen | |
> Psychedelisch, poetisch, pointiert: „Vision Code“ zeigt in der Kommunalen | |
> Galerie in Wilmersdorf mit 33 Ausstellenden eine ganze Bandbreite an | |
> junger Kunst aus China | |
Bild: Ein Blick auf das Leid: Marc Yang mit „Kurden“, 2016–2017 | |
Von Lorina Speder | |
Die Ausstellung „Vision Code. 33 x Junge Kunst aus China“ ist jedes Mal | |
eine Entdeckungsreise für Yu Zhang. Schon fünf Mal schrieb die | |
Unternehmerin, Gastprofessorin und Gründerin der Gesellschaft für | |
Deutsch-Chinesischen kulturellen Austausch e. V., den Wettbewerb aus, deren | |
Gewinner dann an einer Ausstellung in Berlin teilnehmen, die dieses Jahr in | |
der [1][Kommunalen Galerie Berlin] zu sehen ist. | |
Bei der Ausschreibung dazu nutzten rund 200 Bewerber diese Chance. Das | |
Geschlechterverhältnis sei dabei ausgewogen gewesen, berichtet Zhang. Eine | |
Fachjury, der unter anderem die Sammlerin Gudrun Wurlitzer und Ludger | |
Derenthal, Leiter der Sammlung Fotografie der Staatlichen Museen zu Berlin, | |
angehören, besprach die Einsendungen, und Kuratorin Li Rui arrangierte die | |
Auswahl von 33 Positionen in den Räumen der Kommunalen Galerie am | |
Hohenzollerndamm. | |
Die Ausstellung zeigt, wie vielfältig junge Kunst aus China ist. Für Yu | |
Zhang ist es eine Herzensangelegenheit, ihre Landsleute in Deutschland zu | |
repräsentieren. Schließlich leben hier nur circa 150.000 ChinesInnen, sagt | |
sie im Gespräch – wenig im Vergleich zu anderen asiatischen Communities. | |
Mit ihrem Förderverein gibt Zhang jungen chinesischen KünstlerInnen die | |
Chance, sich hier zu präsentieren. | |
In der Ausstellung sieht man neben fernöstlicher Tuschmalerei und Malerei, | |
die auch westlichen Einfluss verrät, auch Medienkunst, Videoinstallationen, | |
Skulpturen. Eine Raumskulptur empfängt die BesucherInnen im Eingang der | |
Galerie. Die raupenähnliche Konstruktion aus zusammengesteckten Stahltöpfen | |
von Ji Chuan gleicht einem Kokon. Dieser hängt an einem durchsichtigen | |
Faden in der Luft und trägt Chuans künstlerisches Potenzial sozusagen noch | |
in sich. | |
Weitere Werke in der Ausstellung entpuppen sich ebenso als | |
vielversprechende künstlerische Positionen, die man beobachten sollte. So | |
fasziniert das lilafarbene und ausdrucksstarke Gemälde von Jiang Dadan. Die | |
Künstlerin und Philosophin aus Shanghai stellt sich die Frage, wie | |
traditionelle chinesische Landschaftsmalerei modern interpretiert werden | |
kann. Die neongelbe Hintergrundfarbe in ihrem Gemälde schreit, die lila | |
Berglandschaft ist fluffig und wolkig gemalt und die grünen Schattierungen | |
bleiben so abstrakt, dass das Gemälde eine psychedelische und poetische | |
Aura ausstrahlt. | |
Ganz anders hingegen die Fotografien von Marc Yang. Der 26-jährige | |
Autodidakt zeigt in der Kommunalen Galerie eine Fotografie seiner „Eastern | |
Time Zone“-Serie, die auf seinen Reisen entsteht. Die fotografierten | |
Momente betitelt er mit den vor Ort benutzten Zeitzonen. Das Bild aus dem | |
Jahr 2015, in dem man eine Frau durch einen Spalt eines Zugs erkennt, | |
nannte er „GMT+3, Kashan, Iran“. Dass Yang hier die Greenwich Mean Time | |
zitiert, die lange als Weltzeit galt, verdeutlicht den weiter wirkenden | |
Einfluss von mal im Westen getroffenen Festlegungen. | |
Eine andere Arbeit von Yang in der Ausstellung verweist auf den im | |
September 2015 ertrunkenen Alan Kurdi, den zwei Jahre alten syrischen | |
Jungen kurdischer Abstammung. Auf der Fotografie sieht man eine Skulptur | |
seines kleinen Körpers, der so markant, tragisch und einprägsam an der | |
türkischen Mittelmeerküste lag. Die Arbeit zählt zu Yangs „Kurden“-Serie, | |
in der der Fotograf, der sich in anderen Serien auch mit Themen wie der | |
Umweltverschmutzung in indischen Flüssen oder der Situation in Nordkorea | |
beschäftigt, auf das Leid kurdischer Minderheiten aufmerksam machen will. | |
Als Fotograf ohne künstlerische Ausbildung und besonders junger Teilnehmer | |
sticht Marc Yang in der Ausstellung heraus. Die Gesellschaft für | |
Deutsch-Chinesischen kulturellen Austausch vergibt in Berlin auch einen | |
vierwöchigen Aufenthalt als Artist in residence, den Yang gewonnen hat. | |
Weil Yang aber als einziger Teilnehmer in der derzeit wegen des Coronavirus | |
abgeschotteten Stadt Wuhan lebt, steht der Zeitpunkt der Residenz noch aus. | |
Eigentlich war ein Aufenthalt zur Berlin Art Week im Herbst vorgesehen, | |
doch konkrete Planungen sind im Augenblick nicht möglich. | |
Zum Glück hatte die Ausbreitung des Coronavirus sonst wenig Einfluss auf | |
die Ausstellung. Zhang erzählt erleichtert, dass die Planung und der | |
Transport schon vor der Epidemie in China abgeschlossen waren. | |
Lediglich die Künstlerin Guo Qi änderte ihre Pläne. Von ihr stammt das | |
filigrane Werk „Peach Rouge“, das mit Farbpigmenten auf Seide aufgebracht | |
ist und das auf Postern und Flyern für die „Vision Code“-Schau wirbt. Ihren | |
Flug aus Peking Ende Januar zur Ausstellungseröffnung ließ sie ausfallen – | |
damit die Gäste sorgenfrei die Kunst betrachten können, ohne an das Virus | |
denken zu müssen. | |
„Vision Code“: Kommunale Galerie, Hohenzollerndamm 176, Mo.–Fr. 10–17 U… | |
Sa./So. 11–17 Uhr, bis 22. März | |
29 Feb 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.kommunalegalerie-berlin.de/ausstellungen/aktuell/vision-code/ | |
## AUTOREN | |
Lorina Speder | |
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