# taz.de -- taz🐾thema: Leihen und flicken | |
> Auch die Bekleidungsfirmen gehen mit der Mode und entwickeln Ideen in | |
> Richtung Kreislaufwirtschaft. Kleidung soll länger getragen werden | |
Welche Designermarke? Röhre oder Bundfalte? Schulterpolster oder nicht? | |
Fragen wie diese sind bei wahren Trendsettern ein wenig in den Hintergrund | |
getreten. Denn in der Bekleidungsbranche hat eine ganz neue Mode Einzug | |
gehalten: Wirklich „in“ ist, wer sich nachhaltig anzieht, also | |
sozialökologisch hergestellte Kleidung trägt oder, noch besser, bereits | |
getragene oder selbstgemachte Sachen. | |
Die Textilmassenproduktion verursacht weltweit mehr CO2 als internationale | |
Flüge und Kreuzfahrten zusammen, zwischen 2000 und 2015 ist der Verkauf von | |
Kleidung weltweit auf das Doppelte angestiegen, und jedes fünfte Teil in | |
unserem Schrank tragen wir so gut wie nie. Experten fordern eine Wende von | |
der Fast-Fashion-Industrie zu einer Kreislaufwirtschaft, in der alle | |
Rohstoffe eines Textils wieder in den Produktionsprozess zurückfließen und | |
so lange wie möglich wiederbenutzt werden. Dazu kann jeder durch | |
bewussteren Konsum beitragen: „Nachhaltige Mode ist kein Luxusgut, man kann | |
sich auch günstig fair kleiden“, sagt Magdalena Schaffrin, | |
Kreativdirektorin der nachhaltigen Modemesse Neonyt. Vor allem aber könnten | |
Verbraucher etwas gegen den Überkonsum tun, indem sie „weniger Kleidung | |
kaufen und secondhand kaufen. Und die Sachen lange tragen und reparieren | |
oder zum Schneider bringen, anstatt sie wegzuwerfen und neue zu kaufen.“ | |
Kleidertauschpartys, Repair-Cafés oder Upcycling-Initiativen bescheren | |
Kleidungsstücken heute immer häufiger ein zweites oder drittes Leben. Nun | |
denkt auch die Textilindustrie um und entwickelt neue Konzepte: Beim | |
Kaffeeröster Tchibo etwa kann man Baby- und Umstandskleidung, die | |
normalerweise eine besonders kurze Lebensdauer haben, mieten, anstatt sie | |
zu kaufen. Ein Strampler etwa kostet 2,20 Euro im Monat, Eltern können ihn | |
behalten, solange er dem Nachwuchs passt. Ist er zu klein geworden, schickt | |
man ihn kostenlos zurück und leiht einen größeren. So werden | |
Kleidungsstücke lange im Nutzungszyklus gehalten. | |
In den Boutiquen der schwedischen Jeansmarke Nudie können Kunden | |
zerschlissene Jeans kostenlos flicken lassen – sooft sie möchten. Hat man | |
die Hose dann doch irgendwann über, gibt man sie zurück, und sie wird zu | |
Hüten oder Flicken verarbeitet. Doch eine Nudie-Jeans strebt eine lange, | |
innige Beziehung mit ihrem Träger an: Sie kommt meist ohne Waschung daher | |
und wird von ihrem Besitzer eingetragen, bis sie „dessen Geschichte | |
erzählt“, wie es auf der Website des Labels heißt. | |
Vorreiter in Sachen Kreislaufwirtschaft ist auch der Outdoor-Ausrüster | |
Vaude, der den Secondhandverkauf seiner Produkte zu einem günstigeren Preis | |
unterstützt: „Der Vaude Second Use Shop bei eBay ist für uns ein wichtiger | |
Baustein in unserer ganzheitlichen Nachhaltigkeitsstrategie“, sagt | |
Geschäftsführerin Antje von Dewitz. „Denn je länger ein Produkt genutzt | |
wird, desto geringer ist sein ökologischer Fußabdruck.“ Katja-Barbara Heine | |
12 Feb 2020 | |
## AUTOREN | |
Katja-Barbara Heine | |
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