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# taz.de -- taz🐾thema: Jeden Tag rund 200 Veganer mehr
> Beim „Veganuary“ fanden 60 Prozent den Einstieg in eine vegane
> Lebensweise einfacher als erwartet, meist geht es flexitarisch los
Bild: Die Nachfrage pusht das Angebot: das vegane Restaurant Veg Eats in Delray…
Von Katja-Barbara Heine
Ohne Tierprodukte ins Jahr 2020 starten und im Januar ausschließlich vegan
essen: Rund 400.000 Menschen haben mit diesem Vorsatz an der
„Veganuary-Kampagne“ teilgenommen. Die Aktion der gleichnamigen britischen
NGO wird von prominenten Veganern wie Joaquin Phoenix, Paul McCartney oder
Kaya Yanar unterstützt und fand dieses Jahr erstmals auch in Deutschland
statt. Ziel ist es, möglichst viele Menschen für einen pflanzlichen
Lebensstil zu begeistern. „Für Jahr eins sind wir mit der Resonanz in
Deutschland mehr als zufrieden“, sagt Ria Rehberg, Tierschutzaktivistin und
CEO bei Veganuary. „Wir sehen uns bestätigt darin, dass die Zeit reif ist
für ein Umdenken: weg von Tierprodukten und hin zu pflanzlichen
Alternativen.“
Die Rückmeldungen der Teilnehmer machen Mut: 60 Prozent fanden den Einstieg
in eine vegane Lebensweise einfacher als erwartet, 47 Prozent wollen
weiterhin vegan leben, 77 Prozent das vegane Experiment in Zukunft
wiederholen. Die Hälfte gab an, durch die Aktion neue Produkte entdeckt zu
haben (Zahlen vom letzten Jahr). Auch Unternehmen unterstützten die
Kampagne: Neben veganen Firmen wie dem Kokos-Joghurt-Produzenten Harvest
Moon, dem Käseersatz-Hersteller Simply V oder der Haferdrink-Marke Oatly,
nahmen Lebensmittelriesen wie Aldi, Rossmann und Dr. Oetker teil, um auf
ihr veganes Angebot aufmerksam zu machen. Rossmann rief sogar alle
MitarbeiterInnen auf, den Selbstversuch zu starten und im Januar vegan zu
essen.
Rund 1,3 Prozent der Bundesbürger leben laut Institut für Demoskopie (IfD)
Allensbach vegan, einer Erhebung von YouGov und Statista zufolge sind es 4
Prozent. Sicher ist ein starker Aufwärtstrend: 2008 gab es laut Nationaler
Verzehrstudie weniger als 0,1 Prozent Veganer. 2016 waren es laut IfD
Allensbach 1,1 Prozent. Und täglich kommen etwa 200 Veganer hinzu.
Noch nie war es in Deutschland so einfach wie heute, vegan zu leben.
Bundesweit gibt es etwa 250 rein vegane Restaurants – allein in Berlin sind
es 75 –, fast jeder Supermarkt hat vegane Produkte im Regal und sogar die
Fast-Food-Industrie macht mit: McDonald’s brachte im April 2019 den Big
Vegan TS Burger heraus, bei Call a Pizza stehen vier vegane Pizzen auf dem
Menu und Ikea serviert einen veganen Hotdog. Die Messe Veggie-World findet
mittlerweile in sieben deutschen Städten – und zahlreichen weiteren in
Europa und Asien – statt, und das vegane Sommerfest geht bereits in die 13.
Runde. An mehr als hundert Ständen können im August auf dem Berliner
Alexanderplatz vegane Produkte probiert und gekauft werden.
Bei den veganen Lebensmitteln zählt Deutschland zu den Marktführern: Der
Organisation ProVeg International zufolge werden mehr als 10 Prozent aller
Produkte hierzulande entwickelt. Zwischen 2013 und 2015 hat sich der Absatz
von Fleischersatzprodukten verdreifacht. Größte Zielgruppe sind übrigens
nicht die Veganer, sondern Flexitarier, die etwa 40 bis 60 Prozent der
Bevölkerung Westeuropas ausmachen. Sie ernähren sich vorwiegend
vegetarisch, essen gelegentlich aber auch mal Fleisch und sind leckeren
pflanzlichen Alternativen gegenüber aufgeschlossen.
„In der Öffentlichkeit wächst das Bewusstsein, dass unsere derzeitige
Vorliebe für tierische Lebensmittel viele unerfreuliche Nebenwirkungen
hat“, erklärt Sebastian Joy, CEO von ProVeg International, diese
Entwicklung. „Es wird immer klarer, dass ein Wandel des globalen
Ernährungssystems durch die Ersetzung von Tierprodukten durch attraktive
pflanzliche Alternativen eine Multiproblemlösung werden kann: besser fürs
Klima, die Umwelt, die Gesundheit und das Gesundheitssystem, die
Gerechtigkeit in der Welt und das Tierwohl.“
Für die meisten Veganer ist vor allem das letzte Argument ausschlaggebend,
wie eine Studie der veganen Supermarktkette Veganz zeigt, für die 24.000
Menschen in 15 europäischen Ländern zum Thema Veganismus befragt wurden.
Demnach ist für 95 Prozent der Tierschutz Hauptmotivation, vegan zu leben.
84 Prozent gaben die Umwelt, 56 Prozent die eigene Gesundheit als Grund an.
Die Studie zeigt auch, dass Veganer bewusst konsumieren: 86 Prozent legen
bei Lebensmitteln Wert auf Nachhaltigkeit, 75 Prozent achten auf Label und
Siegel und 71 Prozent kaufen Bioprodukte. Das am häufigsten konsumierte
Ersatzprodukt sind Milchdrinks. Knapp 86 Prozent achten auch auf
tierleidfreie Kleidung und Kosmetik. 46 Prozent kochen täglich selbst.
Im internationalen Vergleich gibt es Unterschiede: Während sich die
Deutschen im Großen und Ganzen gut mit Ersatzprodukten versorgt fühlen,
vermissen ganze 78 Prozent der kroatischen Veganer Wurst- und
Käse-Alternativen. 82 Prozent der Briten wünschen sich mehr vegane
Backwaren. Und in Griechenland fehlen tierproduktfreie Süßigkeiten. Dass
man vom Fleischesser direkt zum Veganer wird, ist übrigens relativ selten.
70 Prozent der befragten Veganer lebten bereits eine Zeit lang vegetarisch,
bevor sie Tierprodukte komplett vom Speiseplan verbannten.
https://veganz.de/veganzernahrungsumfrage/
https://de.veganuary.com/; https://proveg.com/de/
12 Feb 2020
## AUTOREN
Katja-Barbara Heine
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