# taz.de -- nord🐾thema: Das gesündeste Haus der Hafencity | |
> In Hamburg wird ein dreiteiliges Wohnhochhaus nach dem sogenannten | |
> „Cradle 2 Cradle“-Prinzip errichtet. Hier sollen Schadstoffe reduziert, | |
> Ressourcen wiederverwertet und „ein neues Miteinander“ geschaffen werden | |
Bild: So soll es aussehen: Das Hochhaus „Moringa“ in der Hamburger Hafencity | |
Von Darijana Hahn | |
Direkt am Wasser gelegen, bezahlbar und gesund – all das soll das neue | |
Bauprojekt mit dem Namen „Moringa“ in der Hamburger Hafencity bieten. Auf | |
einem knapp 5.000 Quadratmeter großen Baufeld am nördlichen Ufer des | |
Baakenhafens im Quartier Elbbrücken wird die Landmarken-AG ein Wohnhochhaus | |
errichten, das seinem Namen nach der Heilpflanze „Moringa“ alle Ehre machen | |
will: Ihre Samen werden unter anderem verwendet, um verunreinigtes Wasser | |
zu säubern. | |
Die Bauweise des neuen Hauses soll nach dem sogenannten „Cradle 2 | |
Cradle“-Prinzip (C2C) erfolgen. Das Prinzip, das sinngemäß „vom Ursprung | |
zum Ursprung“ bedeutet, orientiert sich an natürlichen Kreisläufen. Das | |
heißt, dass kostbare Ressourcen nicht verschwendet, sondern wieder | |
verwendet werden sollen. Was von dem deutschen Chemiker Michael Braungart | |
und dem US-amerikanischen Architekten William McDonough Ende der | |
1990er-Jahre entwickelt und so benannt wurde, steckt noch in den Anfängen. | |
Nach C2C-Kriterien wurde in Heilbronn letztes Jahr das Hybrid-Wohnhaus | |
„Skaio“ aus 1.500 Kubikmeter Holz fertiggestellt. Und in Hamburg entspricht | |
der 2013 in der Mitte Wilhelmsburgs errichtete „WoodCube“ den | |
C2C-Standards. | |
„Es gibt kaum gebaute Vorbilder und so arbeiten wir eng mit dem | |
C2C-Expo-Lab im niederländischen Venlo zusammen“, sagt Kolja Linden von der | |
Landmarken-AG. Obwohl die Projektentwickler aus Aachen selbst noch nicht | |
nach dem C2C-Prinzip gebaut haben, sind die Merkmale der neuen „Landmarke“ | |
klar: Mit seinen wiederverwendbaren Materialien soll das Gebäude nicht nur | |
ein Rohstofflager sein, sondern gleichzeitig sowohl Sauerstoff als auch | |
Energie produzieren. So wird die Grundstücksfläche von 4.740 Quadratmetern | |
begrünt werden und auf dem Dach eine Photovoltaikanlage entstehen. Auch der | |
Einsatz kleiner Windräder wird derzeit geprüft. Neben der Energieerzeugung | |
soll das Gebäude mit seiner flächendeckenden Begrünung gleichzeitig dazu | |
beitragen, dass Schadstoffe und sommerliche Hitzeinseleffekte in der Stadt | |
reduziert werden. | |
Es ist aber nicht nur die ökologische Bauweise, weswegen das dreiteilige | |
Wohnhochhaus mit maximal 13 Stockwerken von der Landmarken-AG als das | |
„gesündeste Haus der Stadt“ bezeichnet wird: Auch das Nutzungskonzept soll | |
positive Auswirkungen auf die BewohnerInnen haben. Eine zentrale Rolle | |
spielt dabei das familienfreundliche „Co-Living“, bei dem | |
Wohngemeinschaften, Gemeinschaftsflächen und eine Community-App für ein | |
„neues Miteinander“ geschaffen werden. Und das, so Linden von der | |
Landmarken-AG, erzeuge „gegenseitige Verbundenheit“. | |
Von den Mietwohnungen, die auf 17.700 von knapp 20.000 Quadratmeter | |
Bruttogeschossfläche entstehen, sind 33 Prozent öffentlich gefördert mit | |
Mietpreisen zwischen 6,50 Euro und 8,70 Euro pro Quadratmeter. Wer dann in | |
diesem neuartigen, ökologisch und sozial wertvollen Gebäude einziehen wird, | |
der wird sagen können: „Ich wohn’im Moringa“, sagt Linden. In dieser | |
Benennung des Baukomplexes nach dem Wunderbaum „Moringa oleifera“ aus dem | |
Himalaya stecke der Wunsch der Entwickler, dass ihr Gebäude für Hamburg | |
sein möge wie eine „heilbringende Pflanze“. | |
Für den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Hafencity, Jürgen | |
Bruns-Berentelg, ist „Moringa“ ein besonders ambitioniertes Beispiel dafür, | |
dass „sich die Hafencity zu einem großen ‚Zukunftslabor‘ für nachhaltig… | |
Bauen entwickelt hat“. Und für die NGO „Cradle2Cradle“ aus Berlin ist die | |
Entwicklung „nur logisch“. Denn die „Probleme mit Ressourcenverbrauch, | |
Abfallmengen und Deponiekapazitäten sind im Bauwesen angekommen“. Nicht | |
mehr nur die Bauwissenschaft würde sich mit „nachhaltigem Bauen“ | |
beschäftigen. Vielmehr würde das Thema auch in der Baubranche selbst | |
ankommen. | |
Die Landmarken-AG, die Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für | |
nachhaltiges Bauen ist, will, so Linden, mit diesem Bauprojekt | |
„Verantwortung übernehmen“. Denn Gebäude seien für 40 Prozent aller | |
CO2-Emissionen verantwortlich. „Wir wollen mit Moringa einen Anstoß geben“, | |
sagt Linden und spricht die Hoffnung aus, mit Moringa „auch Hersteller von | |
Baumaterialien zu motivieren, in die Entwicklung bezahlbarer | |
C2C-Materialien zu investieren“. | |
Die Landmarken-AG rechnet damit, in rund zwölf Monaten den Bauantrag | |
einreichen zu können. Nach Erhalt der Baugenehmigung sind rund zwei Jahre | |
Bauzeit geplant, sodass eine Fertigstellung Ende 2023 möglich sein könnte. | |
Das Moringa soll dann in der Hafencity den anderen Gebäuden mit | |
außergewöhnlich hohen Nachhaltigkeitsstandards Gesellschaft leisten. Zu | |
nennen sind hier das Hightech-Smart-Building EDGE Hafencity, das den Fokus | |
auf eine hohe Digitalisierungsstruktur gelegt hat und das Solargebäude der | |
Enerparc-AG. Die Liste wird durch eine geplante „Bauausstellung der | |
Zukunftsmöglichkeiten“ fortgeführt werden. Gegenwärtig leben in der | |
Hafencity, mit 157 Hektar Fläche dem größten innerstädtischen | |
Entwicklungsprojekt Europas, ca. 4.600 Menschen. In bis zu 20 Jahren sollen | |
es bis zu 15.000 sein. | |
Das Quartier Elbbrücken, in dem das Moringa gebaut werden wird, soll neben | |
dem Überseequartier, das bereits jetzt bewohnt wird, das „zweite urbane | |
Zentrum der Hafencity“ werden. Es bildet den östlichen Eingang zur | |
Hafencity. Den westlichen Eingang bildet die Elbphilharmonie. | |
8 Feb 2020 | |
## AUTOREN | |
Darijana Hahn | |
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