| # taz.de -- Karriere und Familie vereinbaren: Porträt eines Powermanns | |
| > Wie schafft es ein Mann, Vater und Ehegatte, Beruf und Familie zu | |
| > vereinbaren. Und wie erhält er seinen Teint in frischer Blässe? | |
| Bild: Der Powermann, kurz vor großen Taten | |
| Wer eine beruflich oder sonst wo erfolgreiche Frau porträtiert, muss ein | |
| paar Dinge beachten: Erstens steht ihr Äußeres immer vorne an, zweitens | |
| definiert sie sich in erster Linie in Abgrenzung zur Familie (was ja ihr | |
| natürlicher Platz wäre), drittens kann ruhig ein bisschen Unverständnis und | |
| Mitleid für den Lebenspartner durchschimmern, denn das führt im besten Fall | |
| – viertens – zu einer Art schlechtem Gewissen bei der Frau. Und ich finde | |
| es nur gerecht, dass dann auch Männer so porträtiert werden. Über mich | |
| klänge das dann ungefähr so: | |
| Für einen Mann in seiner Position ist er auffallend lässig gekleidet. | |
| Blauer Hoodie mit einem Blitz drauf, Jeans, braune Sneaker. Gäbe es in der | |
| taz einen Casual Friday, Jürn Kruse (34) könnte sein alltägliches | |
| Erscheinungsbild nur noch dadurch unterbieten, gleich in Boxershorts zur | |
| Arbeit zu kommen. Immerhin: Sein Look passt perfekt zu seinem ungepflegten | |
| Drei-Wochen-Bart und dem muskelbefreiten Körper. „Viel Pudding, Knoppers | |
| und höchstens mal Passivsport vor dem Fernseher“, verrät er sein | |
| Beautygeheimnis. | |
| Kruse verlässt Ende Januar die taz und wird [1][der neue starke Mann bei | |
| Übermedien]. Dabei warten zu Hause zwei Kinder auf ihn. Warum verzichtet er | |
| auf das Glück zu Hause zugunsten einer Karriere, die ihren Namen kaum | |
| verdient? „Die sind doch in der Kita. Da finden sie es bestimmt geiler, als | |
| mit mir zu Hause rumzuhängen“, sagt er. | |
| Lustig soll er sein, der Kruse. Das sagen andere. An diesem Tag im | |
| Panoramaraum der taz versteckt er das gut. Er erzählt von seiner Arbeit. | |
| Irgendwas hat er wohl mal geschrieben. Medien- und Gesellschaftsthemen. | |
| Gedöns. Viel Interessanter: Wie bewältigt er den Spagat zwischen Erziehung | |
| und Arbeit? „Na ja, morgens quäl ich mich aus dem Bett, dusche, ziehe mich | |
| an, ermahne meine Kinder, sich auch was anzuziehen, und dann bring ich sie | |
| in die Kita und nachmittags holt meine Frau sie dort ab.“ | |
| Alles perfekt durchgeplant, alles für die Karriere. Nur warum gibt der | |
| ungewöhnlich große Mann das Familienglück für den Beruf auf? „Äh, welches | |
| Glück?“ Ein schlechtes Gewissen – so er denn eines hat – ist Kruse nicht | |
| anzumerken, aber so muss man(n) wohl sein, wenn er aufsteigen will. Wer | |
| übernimmt die Hausarbeit, wenn er nie zu Hause ist? „Meine Frau und ich. | |
| Wer halt gerade Zeit hat.“ | |
| Zeit, das leidige Thema. Manchmal bleibe halt auch viel unerledigt liegen, | |
| sagt Kruse. Die Wäsche beispielsweise. Auch das Spielzeug liege häufig | |
| überall rum. Saugen könnte man auch mal wieder. Er sei halt kein typischer | |
| Hausmann, sagt er. | |
| Und das klingt dann doch ein wenig nach schlechtem Gewissen. | |
| So. Ist rund. Mit dem Schlusssatz behält der Autor die Deutungshoheit. Denn | |
| er – und nur er – weiß, dass es Kruse zwischen Beruf und Familie doch nicht | |
| wirklich gut gehen kann und dass ihm der Spagat ordentlich auf die Leisten | |
| gehen muss. | |
| 21 Jan 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jürn Kruse | |
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