# taz.de -- das medienhaus an der friedrichstraße: Transformation bedeutet Ver… | |
> Für den Fortbestand der taz ist der digitale Wandel wichtig. Was für | |
> Widerstände gibt es und was können wir tun, um uns auf das Neue | |
> einzulassen: Unsere Neujahrsvorsätze | |
Bild: Gemeinsam an den Veränderungen arbeiten: im taz Haus | |
Von Andreas Marggraf | |
Die taz hat mit der gesamten Tageszeitungsbranche vor allem dies gemeinsam: | |
Wir befinden uns in einem umfangreichen Transformationsprozess. Manche | |
möchten das schon nicht mehr hören, aber für unsere Zukunft ist es wichtig, | |
dass wir uns immer wieder mit den Fragen der digitalen, mehr und mehr | |
papierarmen Zeit beschäftigen. Wir haben den Umwandlungsprozess in der taz | |
im vergangenen Jahr intensiv und aus meiner Sicht sehr gut vorangebracht. | |
Der Jahreswechsel ist jetzt ein geeigneter Moment zu schauen, wo genau wir | |
uns befinden und welche Vorsätze wir uns für das neue Jahr vornehmen. | |
Transformation bedeutet Veränderung. Veränderung ruft Ängste hervor, weil | |
wir uns von Altvertrautem lösen müssen und oft noch nicht genau wissen, wie | |
die Zukunft aussieht. Oder uns nicht vorstellen können, ohne das Gewohnte | |
zu leben. So ist es nur verständlich, dass es auch in unserem | |
Transformationsprozess zu einer modernen Zeitung digitalbasierter Art viele | |
Widerstände gibt. Welche sind es, woher rühren sie – und was können wir | |
tun, um uns auf das Neue einzulassen? | |
Viele unserer Leser:innen, aber auch unserer Mitarbeiter:innen können | |
sich eine Tageszeitung ohne Papier nicht vorstellen. Meine Angst als | |
Geschäftsführer ist indes eher, dass ich mir die deutsche Medienlandschaft | |
ohne die taz nicht vorstellen kann und will. Mit weiterhin sinkenden | |
Druckauflagen und steigenden Druck- und Vertriebskosten wäre diese Furcht | |
ohne eine Alternative sehr begründet. Der Fortbestand der taz bleibt das | |
zentrale Argument für unsere Transformation – denn wir wollen ja alle | |
unseren Journalismus am Leben erhalten. Das müssen wir auch im neuen Jahr | |
immer wieder in den Vordergrund stellen. Die Ergebnisse unserer | |
Leser:innenbefragung zeigen erfreulicherweise, dass sich ein Großteil | |
unserer Abonnent:innen mit unseren „Zukunftsprodukten“ anfreunden kann. | |
Etwa 70 Prozent halten es für sehr wahrscheinlich, dass sie bei Einstellung | |
der gedruckten Zeitung unter der Woche entweder auf ein digitales Abo, auf | |
ein Kombiabo aus digitalem Abo und gedruckter Wochenendausgabe oder auf ein | |
Wochenendabo umsteigen. Aber auch die restlichen 30 Prozent sind uns alles | |
andere als gleichgültig. Im Gegenteil, wir werden auch weiterhin alles | |
versuchen, um sie mit der journalistischen Leistung der taz zu überzeugen | |
und sie vielleicht auch eines Tages wieder zu regelmäßig Lesenden zu | |
machen, die mit einem steten Beitrag die Arbeit der Redaktion unterstützen. | |
Wir werden oft gefragt, ob wir nicht mit den Erlösen aus der Printzeitung | |
unsere Onlineaktivitäten finanzieren. Es ist zum Glück umgekehrt: Wir | |
haben heute schon einen hohen Anteil an Digitalabonnent:innen und | |
freiwilligen taz-zahl-ich-Zahler:innen, die im Jahr 2019 die Redaktion mit | |
einem Ertrag von über 3 Millionen Euro mitfinanziert haben. Die | |
Ertragsrechnung lässt sich zwar nicht direkt aus unserer | |
Gewinn-und-Verlust-Rechnung ableiten, und eine Aufgabe für das neue Jahr | |
wird sein, diese einfach und verständlich darstellen zu können. Auch weil | |
wir im Laufe des Jahres 2020 mehr Klarheit bekommen müssen, wie lange der | |
Druck der täglichen Zeitung noch einen ausreichenden Deckungsbeitrag | |
leisten wird. | |
Viele befürchten, dass unsere Ziele für die Zukunftsprodukte allzu | |
ambitioniert und unrealistisch sind. Die wichtigste Voraussetzung für das | |
Erreichen der Ziele ist, dass die Produkte gut werden und der Kern der taz | |
erhalten wird: vorzüglicher Journalismus. Dabei sind wir in diesem Jahr ein | |
sehr gutes Stück vorangekommen. Unser Team aus internen | |
Produktentwickler:innen hat exzellente Arbeit geleistet und damit das | |
Vertrauen in die Zukunft der taz bei den Mitarbeitenden, aber auch bei den | |
Genoss:innen gestärkt. Dieses Vertrauen ist für uns eine Verpflichtung, das | |
Versprochene umzusetzen. Hier liegt deshalb auch der Schwerpunkt unserer | |
Arbeit im neuen Jahr – deshalb müssen wir sicherstellen, dass unsere | |
Produkte die – Ihre! – hohen Erwartungen erfüllen. | |
Wir als taz sind gut darin, neue Ideen umzusetzen, aber sich von Altem zu | |
trennen fällt uns oft nicht so leicht. Ich bin sehr dankbar, dass wir in | |
diesem Bereich trotz der vielen komplexen Probleme im vergangenen Jahr gut | |
weitergekommen sind und die Mitarbeitenden sich im Sinne der taz bereits | |
jetzt schon auf viele Veränderungen eingelassen haben. Dass es dabei | |
verschiedene Interessen gibt, liegt in der Natur der Sache. Im Zentrum | |
müssen dabei aber immer die Kernkompetenz und die Kernthemen der taz | |
stehen. Um diesen Prozess gut zu organisieren, werden wir unser | |
Produktentwickler:innenteam in diesem Bereich verstärken. | |
Unsere umfangreiche Leser:innenbefragung hat gezeigt, dass das | |
Durchschnittsalter unserer Lesenden bei allen Produkten weiter gestiegen | |
ist. Auf Veranstaltungen mit Genoss:innen bestand Einigkeit: Wir müssen an | |
junge Leser:innen herankommen. Studien von ARD und ZDF zu | |
„Massenkommunikation Trends“ zeigen irritierende Ergebnisse: 14- bis | |
29-Jährige lesen heute durchschnittlich nur noch 2 Minuten pro Tag | |
gedruckte Tageszeitungen und Zeitschriften. Das heißt nicht, dass sie nicht | |
an den taz-Themen interessiert sind, wie wir an dem beeindruckenden | |
Engagement der Fridays-for-Future-Aktivist:innen sehen. Aber wir müssen sie | |
anders erreichen, über Instagram, mit Podcasts usw. | |
Bei unseren begrenzten ökonomischen Ressourcen bedeutet dies aber auch eine | |
entsprechende Priorisierung. Was lassen wir weg, damit wir mehr | |
Social-Media-Posts machen können? Die jungen Leser:innen werden nicht | |
sofort ein Abonnement abschließen und vielleicht auch nicht umgehend bei | |
taz-zahl-ich einsteigen. Aber es ist wichtig, sie an die taz und ihre | |
Themen heranzuführen und sie zu zukünftigen Lesenden zu machen. Hier kann | |
die Solidarität der taz-Community glänzen: Traditionelle Zeitungslesende | |
finanzieren durch ihr digitales Zeitungsabonnement andere Formate, mit | |
denen wir junge Leser*innen ansprechen können, auch wenn sie selbst mit | |
diesen Formaten vielleicht nicht so viel anfangen können. | |
Das wichtigste Kapital der taz sind neben ihren solidarischen Leser:innen | |
und Genoss:innen ihre Mitarbeitenden. Wir haben immer klar gemacht, dass | |
wir in der Transformation alle mitnehmen wollen. Aber dies bedeutet für | |
viele auch Veränderung der Aufgaben und Anforderungen. Das vergangene Jahr | |
hat gezeigt, dass es hilft, hierzu gewachsene Ängste offen anzusprechen. | |
Das Gute an der Transformation ist, dass wir eine klare Vision haben: den | |
taz-Journalismus erhalten und eine langfristige stabile wirtschaftliche | |
Grundlage schaffen. Dass es dabei vielfältige Widerstände gibt, gehört zu | |
solch einem Veränderungsprozess dazu. Die Widerstände werden wir nur | |
gemeinsam überwinden können. Meine Erfahrung im letzten Jahr hat gezeigt, | |
dass dies bei der taz sowohl bei Mitarbeitenden als auch bei Genoss:innen | |
und Lesenden möglich ist. So wünsche ich mir und uns für das neue Jahr, | |
dass wir weiter gemeinsam an diesen Veränderungen arbeiten, Ängste und | |
unterschiedliche Vorstellungen offen ansprechen, aber auch hartnäckig | |
weiter gemeinsam am Ziel arbeiten. | |
Die Produkte, an deren Entwicklung gearbeitet wird, sind konkret: taz im | |
Netz, also die Internetseite taz.de sowie die Kanäle einiger sozialer | |
Medien wie Facebook, Instagram, Twitter u. a., ferner die gedruckte taz am | |
wochenende als Wochenzeitung, die Präsenz der sonstigen Angebote der taz | |
für ihre Community, also Genossenschaft, taz-zahl-ich, taz Shop, das | |
digitale Angebot der täglichen taz, also die komfortablen Leseprogramme | |
(Apps) für Smartphones, Tabletgeräte sowie Lap- und Desktops. Dazu gehört | |
auch die Entwicklung dazu passender Arbeitsstrukturen und Workflows. | |
11 Jan 2020 | |
## AUTOREN | |
Andreas Marggraf | |
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