# taz.de -- heute in bremen: „Keinen Anreiz zur Abholzung schaffen“ | |
Interview David Siegmund-Schultze | |
taz: Herr Schuster, erwarten Sie, dass das Mercosur-Abkommen einen | |
ähnlichen öffentlichen Protest wie bei TTIP oder CETA auslösen wird? | |
Joachim Schuster: Das vermag ich nicht zu sagen. Es wäre aber sinnvoll, es | |
stärker öffentlich zu diskutieren. Denn es ist ein problematisches | |
Abkommen, das unter Umständen erhebliche ökologische Auswirkungen haben | |
wird. | |
Können Sie das präzisieren? | |
Seitdem Bolsonaro in Brasilien an der Macht ist, hat die Rodung des | |
Urwaldes im Amazonasgebiet stark zugenommen – zugunsten des Sojaanbaus und | |
der Rinderzucht. Wir können nicht zulassen, dass das Freihandelsabkommen | |
mit der EU einen zusätzlichen Anreiz zur Abholzung schafft. Zudem ist auch | |
die Situation der Menschen- und Gewerkschaftsrechte in dem Land | |
hochproblematisch. | |
Die Befürworter*innen des Abkommens entgegnen, dass sich Brasilien darin | |
verpflichte, die Rodungen zu stoppen. Wie realistisch ist das? | |
Zurzeit ist das für mich ein Widerspruch. Das Ziel ist ja gerade die | |
Agrarexporte in die EU zu erhöhen und dafür braucht es Flächen. Deswegen | |
ist meine Position: Bevor keine Taten folgen, also die Rodungen gestoppt | |
und Aufforstungen betrieben werden, sollten wir nichts beschließen. Die | |
Ratifizierung steht erst in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres an. Wenn | |
in der Zwischenzeit erkennbare Schritte in die richtige Richtung erfolgen, | |
können wir diskutieren. | |
Von der Bundesregierung hieß es bisher, das Abkommen solle auch in der | |
jetzigen Form durchgehen, oder? | |
Auch die Bundesregierung setzt sich dafür ein, das Abkommen noch | |
nachzuschärfen und wichtige Rechte darin zu verankern, ich sehe da keinen | |
großen Widerspruch zu meiner Position. Es ist wichtig zu sehen, dass nicht | |
nur Brasilien, sondern auch weniger problematische Länder beteiligt sind. | |
Wenn Sie sich ein Handelsabkommen mit südamerikanischen Staaten backen | |
könnten, wie würde das aussehen? | |
Ich stehe dem Freihandel nicht grundsätzlich verschlossen gegenüber. In | |
diesem Abkommen müssten aber eine Reihe von Rechten verbindlich verankert | |
werden: In erster Linie für Arbeitnehmer*innen und die Umwelt. Der | |
Nichteinhaltung müssten außerdem Sanktionen folgen. Mein ideales Abkommen | |
würde auch enthalten, dass der Handel mit Agrarprodukten über diese | |
Entfernungen reduziert wird. Unter Klimagesichtspunkten ist es schlicht | |
Unsinn, Rindfleisch hin und her zu transportieren. | |
Gespräch mit Joachim Schuster, Helga Trüpel und Josef Falke über das | |
Freihandelsabkommen zwischen Mercosur und der EU: 20 Uhr, Villa Ichon | |
12 Dec 2019 | |
## AUTOREN | |
David Siegmund-Schultze | |
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