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# taz.de -- Endlich nicht mehr prekär
> Die Honorarkräfte der Musikschule litten Jahrzehnte unter schlechten
> Arbeitsbedingungen. Mit der Umwandlung in eine „nebengeordnete Behörde“
> soll sich das nun ändern
Bild: Wie in den guten alten Zeiten sollen Musiklehrer*innen in Bremen bald wie…
Von David Siegmund-Schultze
Die Kulturdeputation hat gestern dem Senatsbeschluss zugestimmt, die
Musikschule in eine „nebengeordnete Behörde“ umzuwandeln. Damit wird eine
langjährige Forderung der Honorarkräfte der Musikschule umgesetzt.
Auf Anweisung der Beratungsfirma McKinsey wurde die Musikschule in den
90er-Jahren in einen Eigenbetrieb umgewandelt. Ziel war es,
leistungsfähiger zu werden und Kosten zu senken. Konsequenzen hatte das vor
allem für die Lehrer*innen: Der Großteil der Tarif- wurde in
Honorarverträge überführt. Seitdem müssen viele Lehrer der Musikschule
unter prekären Bedingungen arbeiten: Im Krankheitsfall und in den
Schulferien bleibt die Bezahlung aus, Erziehungsgeld oder Elternzeit gibt
es auch nicht. „Ein Kollege hat mir kürzlich gesagt, er könne sich ein Kind
schlicht nicht leisten. Und auch um die Altersvorsorge machen wir uns
Sorgen“, berichtet der Musikschullehrer Christian Janssen.
Momentan zählt die Musikschule 72 Honorarkräfte, die 64 Prozent der Stunden
abdecken. Der Rest wird von Angestellten mit alten Tarifverträgen
geleistet. „Seit 2002 ist es zu keiner Anhebung unserer Honorare gekommen“,
sagt Gerhard Suhlrie, Sprecher der Honorarkräfte. Deshalb klaffe eine große
Lücke in den Bezahlungen: „Die Tarifangestellten verdienen in etwa das
Doppelte unseres Honorars – und das trotz gleicher Qualifikationen und
Arbeitszeiten.“
Seit vier Jahren fordern die Honorarkräfte die erneute Umwandlung der
Musikschule. Nun steht das Anliegen kurz vor der Umsetzung: Dem Beschluss
der Deputation muss kommende Woche nur noch die Bürgerschaft zustimmen. Ab
dem 1. Januar 2020 wäre die Musikschule dann wieder dem Kulturressort
angeschlossen.
„Allen Honorarkräften werden Festanstellungen angeboten. Hierzu haben wir
bereits viele Einzelgespräche geführt“, heißt es von Heiner Stahn, einem
Sprecher des Kultursenats. Zu Stellenkürzungen werde es nicht kommen. Die
Musiklehrer*innen hätten in Zukunft einen Tarifpartner und eine
Personalvertretung. Tarifverhandlungen wären möglich und damit auch eine
Anpassung des Gehalts an die Inflation.
Die Umwandlung verursacht Kosten, vor allem aufgrund der neuen
Tarifverträge. Die Finanzierung ist bereits für den kommenden Haushalt
eingeplant. Überraschenderweise allerdings wäre es für die Stadt sogar noch
teurer, die Musikschule weiterhin als Eigenbetrieb laufen zu lassen – laut
Senatsvorlage würde das jährlich 63.000 Euro mehr kosten.
Der Grund dafür: Wegen des Sparkurses hatte die Musikschule Teile der
Verwaltung an die Volkshochschule ausgegliedert. Laut einer neuen Prüfung
des Rechnungshofes ist das aber nicht rechtmäßig: Die nötigen Standards in
der IT-Sicherheit würden nicht erfüllt, auch gebe es Bedenken wegen des
Datenschutzes. Als Eigenbetrieb müsste die Musikschule also künftig viel
Geld in ein eigenes IT-System und in die Verwaltung stecken. Durch die
Umwandlung kann sie auf vorhandene Systeme zurückgreifen.
Wunschlos glücklich ist Suhlrie mit dem Plan der Kulturbehörde noch nicht:
Die Sprechergruppe der Honorarkräfte hatte stets angemahnt, dass auch die
Honorare derjenigen, die keine Tarifanstellung anstreben, auf das
Tarifniveau angehoben werden sollen. In der Beschlussvorlage findet sich
jedoch nichts dazu und die Kulturbehörde kann auch keine Auskünfte geben.
„Wir sind in Sorge, dass diese Forderung nicht umgesetzt wird“, sagt
Suhlrie.
Für die Lehrer*innen der Musikschule stellt sich die Frage, wann sich der
Beschluss in ihrem Gehalt bemerkbar macht. „Wie es aussieht, wird die neue
Bezahlung erst frühestens Ende 2020 in Kraft treten“, meint Suhlrie. Dann
allerdings könnte es viel Geld geben: „Die ab 2020 berechnete Differenz
zwischen den derzeitigen und künftigen Löhnen könnte rückwirkend erstattet
werden – es gibt aber noch keine Zusage“, so Suhlrie.
Der Schlagzeuglehrer ist von der jüngsten Entwicklung etwas überrascht:
„Ich hätte nicht gedacht, dass die Umwandlung nun doch so schnell
durchgeführt wird, da waren wohl höhere Mächte im Spiel.“ Letztlich könne
man damit zufrieden sein: „Wenn es klappt, dann haben wir ein großes Ziel
mit sehr viel Geduld erreicht.“
6 Dec 2019
## AUTOREN
David Siegmund-Schultze
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